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Jamie Ramsay möchte in die Fußstapfen von Matthew Libatique treten.

© Georg Moritz

Talent Campus: Der lange Weg nach Hollywood

Auf der Berlinale trifft ein junger Südafrikaner sein Idol Matthew Libatique, den Kameramann von „Black Swan“ und entdeckt Gemeinsamkeiten. Für Filmemacher ist die Berlinale vor allem auch ein Ort, um Beziehungen zu knüpfen.

Der Meister lässt warten. Seit gut eineinhalb Stunden sitzt Jamie Ramsay in der Cafeteria des Theaters Hebbel am Ufer. Er wartet auf den Mann, der da ist, wo Ramsay noch hin will: in Hollywood. Sein Vorbild ist Matthew Libatique. Ein Name, den man auch als regelmäßiger Kinogänger nicht kennen muss. Doch in der Branche ist er ein Star. Als Director of Photography war er verantwortlich für „Requiem For A Dream“, „Black Swan“ und „Iron Man“.

„Er hat ,Black Swan’ so gefilmt, wie ich es getan hätte“, sagt Ramsay und geht auf seinem iPad noch einmal die Fragen durch, die er Libatique gerne stellen möchte. Eine ganze Seite hat er vollgeschrieben. Dabei ist Ramsay selbst kein Anfänger mehr. Der 30-Jährige ist Teilnehmer des Talent Campus bei der diesjährigen Berlinale. 300 Filmemacher aus der ganzen Welt treffen einander dort, um sich auszutauschen, Kontakte zu knüpfen, etwas dazuzulernen. Es sind Talente, die aber nicht mehr zu den blutigen Anfängern gehören.

Der Südafrikaner Ramsay war Kameramann bei dem Science-Fiction-Film „District 9“, der 2010 für vier Oscars nominiert wurde. An acht Spielfilmen hat er mitgewirkt. Im überschaubaren Filmmarkt in Südafrika machen ihm nicht mehr viele etwas vor. Will die Berlinale solche Leute locken, muss sie mit großen Namen werben. Ridley Scott, Wim Wenders oder Dennis Hopper waren in vergangenen Jahren schon als Mentoren auf dem Campus. In diesem Jahr wirkt die Liste dagegen fast bescheiden: Zu den Experten gehören Nina Hoss, Ulrich Seidl und Walter Murch, der Sound Designer von Filmklassikern wie „Apocalypse Now“ und „Der englische Patient“.

Als Kameramann ist Ramsay extra für Libatique aus Johannesburg eingeflogen. „Es ist, als würde ich gleich Tom Cruise treffen“, versucht er seine Aufregung zu erklären. Über 4000 Filmemacher bewerben sich jedes Jahr für den Talent Campus. Jeder von ihnen hat einen Cruise, einen Libatique im jeweiligen Fachgebiet. „Ich bin mit drei anderen im Hotelzimmer untergebracht“, erzählt Ramsay. Ein Regisseur aus Puerto Rico, ein indonesischer Produzent, ein Kameramann aus den USA.

„Man kommt automatisch ins Gespräch und lernt das Filmbusiness aus verschiedenen Perspektiven kennen.“ Dazu gibt es einige Veranstaltungen, öffentliche Podiumsdiskussionen und Workshops, bei denen die „Talente“ zusammen mit den „Profis“ direkt an ihren Projekten weiterarbeiten können. „Es ist gut, so viel Kreativität auf einem Haufen zu haben“, sagt Ramsay. Cannes, Venedig, Berlinale – für die Talente sind die Festivals eine Chance zum Networking.

Endlich, nach zwei Stunden setzt sich der 44-jährige Matthew Libatique zu Ramsay an den Tisch, der plötzlich wirkt wie ein Schuljunge vor der Prüfung. „Ich mochte ,District 9’, das natürliche Licht, die Perspektive“, sagt Libatique. „Aber warum habt ihr das mit einer RED-Kamera gefilmt?“ Ramsay nickt und gibt zurück: „Kennst du das Gefühl, wenn der Film gerade fertig ist und man einfach alles daran scheiße findet?“ Libatique lacht. „Ja, dann möchte man im Stuhl zusammensinken und wegsehen.“

Das Idol wirkt auf einmal kaum noch fremd. Die Probleme im fernen Hollywood sind wohl dieselben wie bei kleinen Independent-Produktionen. Zumindest im kreativen Kern. „Wichtig ist, dass du dich als Kameramann in die Hauptfigur hineinversetzt. So wie ich bei Natalie.“ Gemeint ist Natalie Portman, die für „Black Swan“ ihren Oscar gewann. Ein Film, für dessen Kameraführung Libatique auch von Jan Schütte, dem Direktor der Deutschen Film- und Fernsehakademie Berlin, mit Lob überschüttet wurde: „Diese Subjektivität, die du dadurch reinbringst, dass die Kamera einen Tick zu früh auf die nächste Einstellung hält.“

Das war ein Versehen, gibt Libatique zu. Fürs Erinnerungsfoto posiert er noch neben Ramsay. „Wenn du im Film was werden willst, geh’ in die USA, such dir einen Agenten“, sagt Libatique. Er verließ die Philippinen und ging nach Los Angeles. Als seine Karriere startete, war er so alt wie Ramsay.

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