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Kultur: Tanz der Kulturen

Asyl in Brandenburg:  die Doku „Land in Sicht“.

Auf dem Arbeitsamt erkundigt sich die junge Angestellte bei Abdul nach seinen Stärken: Auffassungsfähigkeit, Organisationsfähigkeit, ganzheitliches Denken? Abdul hält kurz inne. „Allmächtiger, steh mir bei“, sagt er schließlich auf Arabisch. Vor sieben Jahren kam der Beduinenscheich nach Deutschland – er spricht leidlich Deutsch und müht sich, im brandenburgischen Bad Belzig ein neues Leben zu beginnen.

Abdul ist einer der Protagonisten der Dokumentation „Land in Sicht“, mit der die Regisseurinnen Judith Keil und Antje Kruska an ihre RBB-Doku „Gestrandet“ (2010) anknüpfen. Den Blick richten sie dabei auf den Alltag von drei Asylbewerbern: Mit rührendem Optimismus geht Abdul auf die Suche nach Frau und Job. Farid, in Todesangst aus dem Iran geflohen, fürchtet den Kontakt zu seiner Familie zu verlieren. Brian aus Kamerun hat damit zu kämpfen, dass sich seine Hoffnung auf ein besseres Leben in Deutschland früh zerschlagen hat.

„Land in Sicht“ nutzt das Potenzial an Skurrilität, das im Gegensatz zwischen deutscher Provinz und weiter Welt stecken kann. Beim dorffestlichen Bauchtanz beugt sich die Sozialarbeiterin Rose zu Brian und erklärt: „This dance is not for sex, sondern for culture.“ Brian nickt irritiert. Solche Momente erinnern bisweilen an die inszeniert-absurden Situationen aus Scripted-Reality-Sendungen. Komik entsteht jedoch nicht durch die als peinlich empfundene eigene oder fremde Kultur, sondern aus dem misslingenden Aufeinandertreffen der jeweiligen Gewohnheiten. Dieses Scheitern gilt auch für die Behördengänge der Protagonisten. Dabei wird auf Schuldzuweisungen verzichtet. Als sein Asylantrag abgewiesen wird, hält Brian für sich fest: „It’s the law, it’s not Germany.“

Die Debatten über das Flüchtlingscamp am Oranienplatz, das Heim in Hellersdorf und die Lampedusa-Katastrophen rückten zuletzt das Schicksal von Flüchtlingen ins öffentliche Licht. „Land in Sicht“ kommt zur rechten Zeit, ist jedoch eher offenherziges und lebensnahes Porträt als politischer Film. Als Farid und Brian sich schwierigen Entscheidungen stellen müssen, kommt das leichte Erzählen an seine Grenze. Immer im Transit und dabei die gute Laune bewahren: auch nur eine Utopie. Philipp Sickmann

b-ware ladenkino, Filmrauschpalast,

Hackesche Höfe und Sputnik

Philipp Sickmann

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