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Tanzcompagnie Rubato zeigt „Uncertain States“: Festhalten unmöglich

Wie Elementarteilchen im Raum: Die Tanzcompagnie Rubato zeigt zum 30. Jubiläum ihre Choreographie "Uncertain States" in den Uferstudios.

Von Sandra Luzina

Sie stehen wieder einmal vor einem Wendepunkt. Vor 30 Jahren haben Jutta Hell und Dieter Baumann die Tanzcompagnie Rubato gegründet – seitdem sind sie eine verlässliche Größe der Berliner Tanzszene. Immer wieder haben sie ästhetisches Neuland betreten. In einem konstanten Rhythmus: Alle zehn Jahre sind Rubato zu neuen Ufern aufgebrochen. Ihre Anfänge waren geprägt durch die Formenstrenge ihres Mentors Gerhard Bohner.

1995 haben Baumann und Hell erstmals mit chinesischen Tänzern zusammengearbeitet, seitdem zieht es sie immer wieder ins Reich der Mitte. In den Duos, die sich zwischen formaler Askese und Emotionalität bewegen, haben sie ihre Beziehung auf den Prüfstand gestellt – und zudem demonstriert, wie man im Tanz aus dem Älter-Werden Funken schlägt. Daneben haben sie immer wieder Gruppenstücke erarbeitet, in unterschiedlichen Konstellationen. Rubato steht nicht für die gefällige Schönschrift im Tanz, ihre Stücke sind immer seismographische Erkundungen der Gegenwart. Hell und Baumann sind überzeugt: „Die Welt geht durch uns hindurch.“

Wie prekär die Existenz als freischaffende Choreografen ist, haben sie jüngst wieder erfahren müssen, als die Basisförderung für 2015/16 nicht bewilligt wurde. Wenn sie nun zum 30-jährigen Jubiläum „Uncertain States“ herausbringen – es ist ihre 54. Tanzproduktion –, geht es freilich nicht nur um die eigene Verunsicherung, sondern um einen gesellschaftlichen Befund.

"Uncertain States": eine Versuchsanordnung

Dieter Baumann steht mit vier weiteren Tänzern auf der Bühne von Uferstudio 1: Mercedes Appugliese, Anja Sielaff, Carlos Osantinsky und Fernando Pellicioli schwärmen erst wie Elementarteilchen durch den Raum und bilden denn eine Art Equipe. „Uncertain States“ ist keine ausgefeilte Choreografie, sondern eine Versuchsanordnung. Manche Spielregeln sind leicht zu erkennen: So müssen die Tänzer dafür sorgen, dass die fünf Hula-Hopp-Reifen sich weiterdrehen und dabei ständig ihre Position im Raum ändern. Oder sie müssen sich eine Passage bahnen durch eine mobile Sperre und dabei ihre Shirts erst aus- und dann wieder anziehen.

Die Spannung zwischen Individualität und Konformität wird sichtbar. Doch manches sieht eher nach Bundesjugendspielen aus. Die Idee war, das Thema Instabilität auch auf den künstlerischen Prozess selbst zu übertragen und die Tänzer mit dem Unkalkulierbaren zu konfrontieren.

Mehr Mut zum Risiko

Das ist nur teilweise gelungen. Hier hätten Rubato mehr Risiken eingehen müssen. Doch es gibt auch Szenen, die veranschaulichen, auf welch schwankendem Grund sich die Tänzer bewegen. Und wie trotz fortschreitender Auflösung die alten Konditionierungen noch greifen. Wenn am Ende die Tänzer in Kapuzenpullis eine anonyme Menge bilden, dann scheint es nichts mehr zu geben, woran sie sich festhalten können.

Weitere Vorstellungen: Sa 21. März, 20.30 Uhr und So 22. März, 17 Uhr.

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