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Kultur: Tatort Marokko

Oliver Stone verfilmt das Leben Alexander des Großen, mit Sean Connery – und deutschem Geld

Mittwochabend in Rabat: Botschafter Roland Mauch präsentiert ein internationales Filmprojekt mit deutscher Prägung. Erstmals seit dem 11. September 2001 wird im Herbst wieder eine Großproduktion im arabischen Marokko gedreht, Oliver Stones Film über Alexander den Großen. Die Hauptrolle teilen sich Colin Farell, irischer Newcomer in Hollywood, und Sean Connery als alternder Feldherr. Budget: 150 Millionen Dollar.

Was heißt Dollar: Eigentlich müsste das Budget in Euro angegeben werden, denn bis auf eine 25-prozentige Beteiligung von Warner Brothers handelt es sich um eine europäische Koproduktion. Sogar Oliver Stone ist neuerdings Europäer: Da seine Mutter Französin ist, stellte man ihm im Frühjahr in Paris nicht ohne Ironie einen Pass der Republik aus – allen transatlantischen Verstimmungen während des Irak-Kriegs zum Trotz.

Gerne deuten die Marokkaner bei Erwähnung des Feldherrn zwei Hörner auf dem Kopf an, heißt er hier doch nicht „der Große“, sondern wie im Koran „der mit den Hörnern“. Von wegen: „Alexander, der Mazedonier“ ist eine Wohltat für Marokko, zwei Monate nach den Selbstmordattentaten in Casablanca. Das Filmprojekt kommt wie gerufen. Marokko ist der arabische Drehort für amerikanische Produzenten schlechthin – man erinnere sich nur an „Casablanca“; die Filmdevisen sind eine der Haupteinnahmequellen des Landes. Bereits seit dem 11. September 2001 waren aus Sicherheitsgründen etliche Dreharbeiten abgesagt worden; nun drohten die Devisen endgültig zu versiegen. Die im Filmgeschäft tätigen Banken und Versicherungen gehen längst keinerlei Risiken mehr ein.

Federführend bei der Produktion ist der deutsche Produzent Thomas Schühly, der unter anderem für Romuald Karmakars „Totmacher“ mit Götz George verantwortlich zeichnet. Zusammen mit Moritz Bormann (der als ausführender Produzent zum Team von „Terminator 3“ gehört) und einem Münchner Anlage-Fond kommt der entscheidende Anstoß zur Finanzierung also aus Deutschland. Der Weg von „Alexander“ nach Marrakesch wurde geebnet von André Azoulay, dem Berater des jungen Königs Mohammed VI. Azoulay ist auf diskrete Weise überall dort präsent, wo es gilt, ein modernes, multikulturelles Marokko zu entwickeln. Am Mittwoch trat der 70-Jährige denn auch mit Stolz vor die Kameras und verkündete die segensreichen Folgen „Alexanders“. Weitere Großproduktionen haben mittlerweile Dreharbeiten in Marokko zugesagt; Das Gilgamesch-Epos wird am Atlas verfilmt, und Ridley Scott wird ein weiteres Mal sein digitales Feldherrnzelt in Marokko beziehen. Als Scott seinen Somalia-Kriegsfilm „Black Hawk Down“ hier drehte, brachte das der Wirtschaft des Landes allein 10 Millionen Dollar.

Oliver Stone hat gute Chancen, diesen Rekord zu brechen. Nach zwei Jahren Vorbereitung fühlen er und Produzent Schühly sich in Marrakesch wie zu Hause: Heimische Filmhandwerker, Bühnen- und Kostümbildner, sind beteiligt. Während des Drehs wird Stone gelegentlich wie ein Feldherr operieren und eine Armee von 50000 Soldaten vor der Kamera befehligen. Kein Wunder, dass der König diese Woche das Team empfing.

Für die Marokkaner ist das Treiben der Filmschaffenden eine willkommene Ablenkung von der sozialen Misere. Die Arbeitslosigkeit grassiert, auch viele junge Akademiker begehren auf: Das Einkommen eines Grundschullehrers beträgt 300 Euro. Andererseits ist das Land durchaus in der Lage, europäische Investoren und Firmen anzulocken. Das Kino spielt den Vorreiter: Thomas Schühly hat bereits seine nächste Produktion für Marokko angekündigt: die Verfilmung von Umberto Ecos Roman „Bardolino“.

Claus-Peter Josten

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