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Kultur: Tauziehen um Ground Zero

Star-Architekt Daniel Libeskind verbündet sich mit prominenten Kollegen gegen die Geschäftsinteressen des New Yorker Pächters

Die jüngsten Nachrichten über Daniel Libeskind und die Planungen für den Wiederaufbau von Ground Zero klingen eigentlich gut. Ende dieser Woche präsentierte die New Yorker Hafenverwaltung, die das Gelände besitzt, einen weiteren Stararchitekten als Mitglied des Design-Teams. Santiago Calatrava soll den Regionalbahnhof entwerfen, der mit den Türmen des World Trade Centers zerstört wurde. Der Spanier gilt als Meister der kühnen Entwürfe und Spezialist für Verkehrsknotenpunkte. Dennoch bleibt alles in der Schwebe, zwischen epochalem Wurf und schnödem Kommerz-Design.

Einen „Dichter der Transport-Architektur“ nennt der Architektur-Kritiker der „New York Times“ Calatrava überschwänglich und sieht in dessen Berufung ein klares Zeichen für die beabsichtigte „kosmopolitische Dimension“ des Wiederaufbaus. Architekt Daniel Libeskind, der den Gestaltungswettbewerb für das Brachland im Business-Viertel gewann, muss sich wie schon beim Hochhausbau nun auch hier mit einer zweitrangigen Rolle begnügen: Er ist zuständig für die Abstimmung zwischen den Bahnhofsplänen und dem Gesamtkonzept. Gleichwohl geizte er nicht mit Lob für den Kollegen, dessen Arbeit er nun für „herausragend“ erklärte. Und weiter: „Heute ist ein großer Tag für die Wiedergeburt von Lower Manhattan.“

Dahinter mag auch das Kalkül stecken, dass zwei Architektur-Stars es leichter haben werden, sich dem Druck des Geldes entgegenzustemmen – so sie sich denn einig sind. Also tatsächlich, wie die Presse es in diesen Tagen meldet: ein Teilsieg für Libeskind?

Immerhin: Die Entwicklungsgesellschaft unterzeichnete seinen Drei-Millionen-Dollar-Vertrag für die beiden kommenden Jahre, gleichzeitig verwendet sich Vizebürgermeister Daniel Doctoroff dafür, Libeskinds 541 Meter hohen Friedensturm tatsächlich an der Nordwestecke des Platzes zu errichten. Larry Silverstein dagegen, der mächtige Mann im Hintergrund mit dem Pachtvertrag für 97 Jahre, sähe das Wahrzeichen lieber näher am Bahnhof. Kurze Wege, so sein Kalkül, steigern die Attraktivität der Büroräume und damit auch die Gewinnmarge.

Dagegen steht das Veto der Stadtregierung, die allerdings weitere Flächen in Aussicht stellte, um Platz für die von Silverstein geforderten Büros zu schaffen. Mit einem klaren Nein quittierte sie ferner den Wunsch des Geschäftsmannes, einen Turm direkt über dem Bahnhof zu errichten. Da Gouverneur George Pataki in diesem Punkt mit den Stadtoberen übereinstimmt, läuft alles auf eine weitere Niederlage für Silverstein hinaus. Der erste Spatenstich ist aber noch nicht gemacht: Es wäre nicht das erste Mal, dass Silverstein am Ende siegt. Bis 2008 – dann soll der Freedom Tower stehen – bleibt Zeit, um hinter den Kulissen Bündnisse zu schmieden. Zu den jüngsten Ereignissen heißt es aus dem Hause Silverstein lediglich: „Kein Kommentar.“

Matthias B.Krause

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