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Szene aus Marco Petrys Film "Doktorspiele".

© dpa

Teeniekomödie „Doktorspiele“: Kleiner Schniedel, großes Trauma

Hormonelle Ausnahmezustände, pubertäre Testosteronschübe und Sandkasten-Traumata: Marco Petry müht sich in " Doktorspiele" am Genre der Teeniekomödie ab - und verlässt sich dabei auf mageres Pointenpotenzial.

Im Jahr 2000 legte der damals 25-jährige Marco Petry mit „Schule“ sein Regiedebüt vor, in dem er eine Clique von angehenden Abiturienten an der Schwelle zu einem neuen Lebensabschnitt porträtierte. Unbekannte Neueinsteiger wie Daniel Brühl und Lavinia Wilson wurden hier damals dem Kinopublikum vorgestellt. Doch anders als seine einstigen Darstellerinnen und Darsteller scheint sich Petry 14 Jahre später nur wenig weiterentwickelt zu haben. Zumindest will ihn das Thema Spätpubertät auch in seinem neuen Film „Doktorspiele“ nicht loslassen.

Mitten hinein in den hormonellen Ausnahmezustand männlicher Adoleszenz begibt sich die Komödie, die sich deutlich an US-Klamaukvorbildern wie „American Pie“ orientiert. Andi (Merlin Rose) und sein bester Kumpel Harry (Max von der Groeben) sind den heranbrandenden Testosteronschüben wehrlos ausgesetzt, aber von ersten Erfahrungen mit dem anderen Geschlecht noch weit entfernt. Die Mädchen wollen von den linkischen Jungs nichts wissen, deren sexuelle Vorkenntnisse sich allein aus dem intensiven Studium pornografischer Filme speisen.

Großes Trauma: kleiner Schniedel

Andi ist in die blonde Diva Katja (Ella-Maria Gollmer) verliebt, aber die hat nur Augen für den schmucken Bobby (Jannis Niewöhner). Ohnehin wurde Andis männliches Selbstbewusstsein schon in früher Kindheit gekränkt, als Sandkastenfreundin Lilli (Lisa Vicari) sich beim Doktorspielen über seinen kleinen Schniedel lustig machte. Als diese ihn in voller weiblicher Blüte zehn Jahre später während der Sommerferien besucht, sind bei aller Vertrautheit die traumatischen Erlebnisse nicht vergessen. Und so ist der von Selbstzweifeln geplagte Andi zwischen der bedingungslosen Verliebtheit zur schönen, eitlen Katja und der neu erwachenden Freundschaft zu Lilli hin und her gerissen.

Während die Handlung der romantischen Teeniekomödie überraschungsfrei im Ententeich der Vorhersehbarkeit herumdümpelt, verlässt sich Marco Petry, der den gleichnamigen Jugendroman von Jaromir Konecny adaptiert, auf das magere Pointenpotenzial seiner Geschichte. Um die Lachmuskulatur der jugendlichen Zuschauerschaft zu trainieren, muss sich der besoffene Andi auf einer Party nach einem romantischen Ständchen über seiner Angebeteten erbrechen. Außerdem geht ein Eigenheim beim demonstrativen Verbrennen der Pornosammlung fast in Flammen auf und ein Wandschrank geht beim Masturbieren auf dem Badewannenrand gleich mehrfach zu Bruch.

Krass-Sein allein ist kein Programm

Dabei gefällt sich „Doktorspiele“ viel zu gut in der Pose pubertärer Enthemmung. Aber Krass-Sein allein ist kein Programm. Was Marco Petrys von kommerziellem Komödienkalkül geprägtem Film völlig fehlt, ist der Sinn fürs Atmosphärische, mit dem sich sein Debüt „Schule“ seinerzeit deutlich vom Genre-Einerlei abgrenzte.

Nur in ganz wenigen Momenten geht „Doktorspiele“ über eine lieblose Nummernrevue hinaus. Und diese sind allein Hauptdarsteller Merlin Rose zu verdanken, der in kurzen ruhigen Momenten die schlaksige Melancholie des Teenagerdaseins durchscheinen lässt. Demnächst wird Rose in Andreas Dresens „Als wir träumten“ zu sehen sein, wo seine Talente hoffentlich besser zur Geltung kommen. Denn das grobhumorige Konzept von „Doktorspiele“ gibt den Figuren kaum Entfaltungsmöglichkeiten und unterfordert seine Darsteller genauso wie das jugendliche Zielpublikum.

In 17 Berliner Kinos

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