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Kultur: Terror in Israel: Versprochen - aber nicht gehalten

Überrascht haben die Anschläge niemanden. Seit die Israelis vergangene Woche einen angeblichen Hamas-Bombenbauer ermordeten, hatte die Organisation Rache geschworen und klar gemacht, dass sie sich nicht mehr an die Auflagen von Palästinenserpräsident Jassir Arafat halten wird.

Überrascht haben die Anschläge niemanden. Seit die Israelis vergangene Woche einen angeblichen Hamas-Bombenbauer ermordeten, hatte die Organisation Rache geschworen und klar gemacht, dass sie sich nicht mehr an die Auflagen von Palästinenserpräsident Jassir Arafat halten wird. Nach den neuen Anschlägen in Jerusalem und Haifa wächst der Druck auf Arafat erneut: Die USA erwarten, dass er die Extremisten kontrolliert. Palästinensische Beobachter wiederholen dagegen, dass Arafat aus innenpolitischen Gründen nicht härter gegen diese Gruppen vorgehen kann, solange Israel seine Politik der Ermordungen, der Hauszerstörungen, der Abriegelungen unverändert fortsetzt.

So hat sich seit der letzten großen Krise im Mai/Juni nichts geändert - außer dass die Position Arafats im eigenen Lager schwächer wird. Das hat sich gezeigt, als seine Polizisten vor zehn Tagen in Jenin von der Bevölkerung angegriffen wurden, weil sie einen Verdächtigen festnehmen wollten. Der Sicherheitschef des Gaza-Streifens, Mohammed Dahlan, hat seinen Rücktritt eingereicht, weil er nicht gegen die eigenen Leute vorgehen kann, während Israel seine Liquidierungen fortsetzt. Arafat gehen die Argumente aus: Die Abriegelung der Palästinensergebiete haben dazu geführt, dass die Autonomiebehörde seit einem Jahr nicht mehr arbeiten kann.

Die Führungsfrage stellt sich

Die regelmäßige Wiederbesetzung autonomer Gebiete unterstreicht den eingeschränkten Handlungsspielraum Arafats. Hinzu kommt, dass US-Präsident Bush nun schon zum dritten Mal Scharon in Washington empfängt, Arafat aber noch nicht getroffen hat.

Der palästinensische Politikwissenschaftler Ghassan Khatib wirft Arafat vor, unter westlichem Druck Versprechungen zu machen, die er nicht einhalten könne. Damit habe er im westlichen Lager und bei der eigenen Bevölkerung Ansehen eingebüßt. Wenn Arafat jetzt den Ausnahmezustand ausruft, scheint das ins Muster zu passen: Arafat kann sich des Lobs des Westens sicher sein. Doch weil es relativ unrealistisch ist, dass seine Polizisten anderen Palästinensern problemlos die Waffen abnehmen, wird er dieses Versprechen nicht erfüllen können.

Trotz interner Kritik an Arafats Führungsstil hatten es bisher sogar Gruppen wie Hamas und Jihad vermieden, die Machtfrage zu stellen. Der Fatah-Gründer schien der einzige, der die Palästinenser über alle Gräben hinweg einen konnte. Doch das harte israelische Vorgehen seit dem Ausbruch der zweiten Intifada hat das Friedenslager auf palästinensischer Seite zerstört, die Gesellschaft hat sich radikalisiert. Diese Haltung repräsentieren junge lokale Führer wie Marwan Baghouti. Noch gehorcht der Fatah-Chef der West-Bank Arafat. Aber die Debatte darüber, ob diese neue Generation nicht in die oberste Führungsriege aufsteigen sollte, wird immer lauter geführt. Wenn Arafat nun den Ausnahmezustand ausruft und versucht, diesen durchzusetzen, testet er damit selbst, wie weit seine Macht noch reicht.

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