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Kultur: Teufel holt Faust

KLASSIK

Das ist der Herbst. In Theatern und Konzerthäusern gehen die Lichter an. Ob nun der musisch aufwändige Sommer mehr oder weniger groß war, sei mit stolzem Hinweis auf die Berliner Serie young euro classic dahingestellt. Saisonauftakt heißt Vorfreude, aber auch Start ins Ungewisse. Saisonstart bedeutet jedes Mal Abenteuer. Beim Deutschen Symphonie-Orchester Berlin , dessen Klangkultur die Ferienzäsur noch spüren lässt, ist es vor allem der Solist, der das Abenteuer bestimmt: Peter Rösel – 100 Mal und mehr Beethoven gespielt – nimmt das G-Dur-Klavierkonzert mit einer Konzentration auf, als erneuere sich ihm das Vertrauteste der Partitur beim Musizieren. Der klare Klang, die Gewichtung des einzelnen Tons, die Spannung bis zur letzten Schwebung: Eine Interpretation voll lyrischer Vorstellungskraft.

Unfaustisches Intermezzo in einem faustischen Programm: Denn Andrey Bo reyko dirigiert ferner zwei heterogene Faust-Kompositionen. Die „Ouvertüre über den kreolischen Faust“ von Ginastera macht sich einen charmanten Umweg zum Thema: Eine argentinische Dichtung über einen Gaucho, der im Theater den „Faust“, nicht von Goethe, sondern von Gounod, erlebt, gibt der Musik die Stichwörter für ihr Beziehungsgeflecht. Boreyko, der Dirigent mit Märchenkarriere in kurzer Zeit, füllt die Philharmo nie diesmal mit einem Spektakel: Während Mephisto in Gestalt der attraktiven Jadwiga Rappé aus der Höhe herabsteigt, gesellen sich ihrem Singen die Herren des Rundfunkchors zu, da „Fausti grässlicher Tod“ ansteht. In Alfred Schnittkes Passionskantate (1983) nach dem Volksbuch (mit Daniel Kirch als Erzähler und Arutjun Kotchinian als Faust) geht es wüst zu, Blut spritzt, und Hirn klebt an der Wand, bevor der Epilog meint: „Seid nüchtern und wachet.“

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