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Abgeklärt und voller Gefühl. Sänger und Songwriter Bill Callahan.

© promo

Texanischer Songwriter in Berlin: Bill Callahan zelebriert im Admiralspalast die Kunst der Widersprüche

Vom hypnotischen Blues bis zum gespenstischen Heulen: Bill Callahan spielt im Admiralspalast. Die große Bühne passt leider nicht zu seinem intimen Sound.

Zu Beginn des Konzerts schaut Bill Callahan in die Runde und kann sich ein Lächeln nicht verkneifen. Roter Samt, kerzenförmige Lichter an den Rängen, darüber der Kronleuchter, Stuck – der Kitsch des Admiralspalastes will nicht recht passen zum Sänger aus Texas, der im Karohemd beinahe aussieht wie ein blasser, grau gescheitelter Bibelverkäufer. Doch Bill Callahan mag Widersprüche.

„Clarity is overrated“, sagt er an einer Stelle des Konzerts. So sind die Lieder, die der Sänger und Songwriter am Dienstagabend spielt, zugleich ernst und lebensfroh, lustig und traurig, voll allgemeingültiger Wahrheit und doch ungemein persönlich.

Bis er über die Dinge seines Lebens singen konnte, musste der 53-Jährige jedoch einen weiten Weg zurücklegen. Die ersten 15 Jahre seiner Karriere verbarg er sich hinter dem Pseudonym Smog. Erst 2007 fing er an, unter seinem bürgerlichen Namen Platten zu veröffentlichen.

Seine Musik wurde zugänglicher und freundlicher. Auf „Shepherd In A Sheepskin Vest“, seinem fünften Album ohne Künstlernamen, das im Sommer erschienen ist, erzählt er nun von der Liebe zu seiner Frau, der Geburt des Sohnes und dem Tod seiner Mutter im vergangenen Jahr.

„The house is full of life, life is change, even death is not stable“, singt er in „Son Of The Sea“.

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Zehn der 20 Songs der Platte bilden den Hauptteil des Konzerts. So reduziert sie aufgebaut sind, so anspruchsvoll interpretieren Callahan und seine drei Mitmusiker die Stücke.

Matt Kinsey entlockt seiner E-Gitarre mal nur einen Hauch, dann wieder ein gespenstisches Heulen. Beim hypnotischen Blues „America“ lässt dieses Heulen an die Granaten denken, die über Afghanistan und Vietnam niedergehen, während Callahan die großen Fehlschläge der US-Geschichte aufzählt.

Brian Beattie wiederum lächelt fortwährend und wippt auf den Zehenspitzen, während er seinen Stand-up-E-Bass bearbeitet. Bowtie, Hemd und khakifarbene Hosen, die in seinen Stiefeln stecken, verleihen ihm die Aura eines freundlichen Rangers aus den Südstaaten.

Daneben wirkt Adam Jones noch wie ein Jungspund, der sich mit seinen Drums in den Klang schmiegt und Callahan kaum aus den Augen lässt.

Deplatzierte Lichtshow, knalliger Sound

Der Sound im Admiralspalast wird der so gut eingespielten Gruppe jedoch nicht gerecht. Kinseys Gitarre ist zu laut, und auch Callahans Akustikgitarre schiebt sich immer wieder allzu knallig in den Vordergrund.

Ähnlich deplatziert wirkt die Lichtshow, die um die Musiker herumorgelt, als würde eine Psychedelic-Rock-Band auf der Bühne stehen.

Im Zentrum von Callahans Musik stehen die Texte und seine Stimme. Wenn man ihn nur hört, könnte man meinen, er rezitiere fast, so gelassen klingt der Vortrag.

Doch auf der Bühne sieht man den Musiker arbeiten. Er malmt die Worte hervor, verzieht das Gesicht und lässt seinen Bariton unwiderstehlich in die Gemüter seiner Zuhörerinnen und Zuhörer hineinschnarren. Abgeklärt und voller Gefühl zugleich.

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