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Hat die Hauptrolle in "The King's Speech": Oliver M-m-m-mommsen

© SCHROEWIG/Timm/face to face

"The King's Speech" im Schlossparktheater: B-B-B-Bravo!

Es gilt das gestotterte Wort: Zur Premiere von "The King's Speech" im Schlossparktheater ist die Kulisse minimal und der Text dafür im Mittelpunkt. Gerade Oliver Mommsen als stotternder britischer Thronerbe macht seine Sache g-g-g-großartig.

„Ran, Junge!“, ruft der Monarch. „Zeig ihnen, aus welchem Holz du geschnitzt bist!“ King George hat leicht reden. Sein Sohn dagegen nicht. Herzog Albert, hinter verschlossenen Hoftüren nur „B-B-B-Bertie“ genannt, vergeigt seine erste Rundfunkrede anno 1925 gründlich. Der notorische Stotterer bringt keinen graden Satz über den Äther.

Hier ist guter Rat teuer (was für die Royals eher kein Problem wäre), vor allem aber schwer zu finden. An Albert haben sich schon etliche Ärzte erfolglos probiert. Einen letzten Hoffnungsstrohhalm gibt es noch: Lionel Logue, Sprachtherapeut aus Australien und ein gänzlich unkonventioneller Vertreter seiner Zunft. Der treibt den zugeknöpften Thronerben schon bei der ersten Sitzung mit kompromittierenden Fragen („Was ist Ihre erste Erinnerung?“) gleich wieder aus dem Haus. Das grenzt schließlich an Majestätsbeleidigung.

Als Film hat „The King's Speech“ von Autor David Seidler 2011 bei der Oscarverleihung in den wichtigsten Kategorien abgeräumt. Die Tragikomödie über den gehandicapten Thronfolger wurde mit Colin Firth und Geoffrey Rush in den Hauptrollen zum Welterfolg. Weniger bekannt ist, dass Seidler aus dem historischen Stoff – den er auf Bitten von Königinmutter Elisabeth zu ihren Lebzeiten pietätvoll zurückhielt – ursprünglich ein Theaterstück gemacht hatte.

Stottern oder nicht stottern? Alles eine Kopfsache!

Bühnentauglich ist die Geschichte vom sprachlosen Regenten allemal. Das beweist jetzt am Schlossparktheater Regisseur Thomas Schendel. Mit zwar nicht oscarverdächtiger, aber doch prominenter Besetzung. Hausherr Dieter Hallervorden gibt King George V., der vor seinem Ableben ein paar kurze, aber prägnante Auftritte hat und vor allem das Aufgabenfeld der Königsfamilie präzise umreißt: Gut aussehen und nicht vom Pferd fallen. Julia Stemberger spielt Alberts Gattin Elizabeth, die sich den stotternden Mann mit Bedacht gewählt hat, weil sie sich davon ein friedvolles Schattendasein erhoffte. Oliver Mommsen hat den schwierigen Zungenbrecher-Part des Bertie, dem von frühster Kindheit an die höfische Etikette die Kehle zugeschnürt hat. Jürgen Tarrach spielt Lionel Logue, der nicht nur Therapeut, sondern auch verhinderter Shakespeare-Mime ist und das Vertrauen seines Klienten mit einem Trick gewinnt: Er lässt ihn zu lauter Musik den Hamlet-Monolog aufsagen. Was ruckelfrei glückt. Stottern oder nicht stottern? Alles eine Kopfsache.

Die Bühne von Daria Kornysheva besteht vor allem aus weißen, verschiebbaren Wänden. Kein aufregendes Setting, aber hier steht schließlich das Wort im Vordergrund. Und die Machtfrage: Alberts Bruder David (Johann Fohl) – der gesetzte Thronfolger – macht sich durch die Liaison mit der Amerikanerin Wallis Simpson unmöglich. Es cschlägt Berties Stunde. Ausgerechnet er muss das britische Empire auf den bevorstehenden Krieg mit Hitler-Deutschland einschwören. Das verlangt nach Intensiv-Coaching für die große Ansprache.

Oliver Mommsen, der schon am Kudamm in Produktionen wie „Gut gegen Nordwind“ oder „Eine Sommernacht“ Talent weit über Privattheater-Normalmaß gezeigt hat, macht seine Sache großartig. Er stellt keinen Sprachfehler aus, sondern zeigt einen zutiefst verunsicherten Menschen in Leibeigenschaft der Erwartungen. Und Jürgen Tarrach überzeugt nicht weniger als Therapeut mit eigenen gescheiterten Träumen, der den König mit Gesang und derben Flüchen zur Sprache bringt. Ein tolles Duo.

Klar, „The King's Speech“ ist auch ein sentimentales Wohlfühlstück, das die unstillbare Neigung der Normalmenschen nach einem Blick hinter die Palasttüren befriedigt. Aber erstens funktioniert es glänzend. Und zweitens lässt es im Gegensatz zum Boulevard den Royals die Würde.

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