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Kultur: Theater am Kurfürstendamm: Seefahrt

Vater, Mutter, Töchter, Schwiegersöhne, zusammengetrommelt auf engem Raum, das verspricht einen wahren Rausch an familiären Konflikten. Aber so weit lässt es der amerikanische Stückeschreiber Jerry Mayer nicht kommen.

Vater, Mutter, Töchter, Schwiegersöhne, zusammengetrommelt auf engem Raum, das verspricht einen wahren Rausch an familiären Konflikten. Aber so weit lässt es der amerikanische Stückeschreiber Jerry Mayer nicht kommen. Schließlich befinden sich die drei Zweige der Familie Frank auf einem Ozeandampfer, und so geschmackvoll steril wie die besseren Salons bleibt der Streit. Wenn man etwas genauer hinhört - es ist ziemlich läppisch und überflüssig, worüber die beiden Alten und die vier Jungen in eine Art Gespräch zu kommen versuchen. Natürlich geht es um Sex, um Geld und Erfolg, aber alle haben sich arrangiert, und daran ändert die Schiffsreise nichts. Die Sensation ist, dass die ältere Tochter beim Papa ins große Textilgeschäft einsteigen wird und dass der große Chef die zunächst kindisch genossenen Folgen eines Herzinfarkts dadurch mit neuer Schaffenslust überwindet. So sehen die Probleme des amerikanischen Alltags aus, wenn man Jerry Meyer glauben will. Eine Seefahrt, die ist lustig.

So lustig nun allerdings wieder nicht, dass man an einem geschliffenen, ironiegesättigten Dialog über zwei Stunden, die Pause nicht mitgerechnet, seine helle Freude haben könnte. Die Späße sind sehr behutsam in die familiären Plänkeleien eingestreut, viele von ihnen konzentrieren sich darauf, ob und wie es im Bett noch geht. Alles dümpelt gemütlich dahin, das Schiff, auf dem ja alles stattfinden soll, bleibt gleichsam vor Anker. Das hat auch mit der sanften Regie von Michael Günther zu tun, der seine Mannschaft nett miteinander reden lässt. Ein paar Tränchen lässt er zu, auch einmal schüchterne Leidenschaft, Tempo oder gar Schärfe nicht. Der Regisseur hält sich dafür treu an die boulevardeske Türklapp-Dramaturgie des bescheidenen Stücks, die Leutchen erscheinen und verschwinden berechenbar, ohne aufregende Überraschungen.

Diese Bravheit schlägt auch auf die darstellerischen Leistungen durch. Witta Pohl, als Mutter und Mittelpunkt der Familie, bleibt sehr zurückhaltend, gedämpft, leise fast, die Energie, der Trotz, die von dieser Honey Frank ausgehen sollen, lässt sie kaum spürbar werden. Ernst Stankovsky als infarktgeplagter Ehemann und Firmenchef darf da kauziger sein, versponnener und sogar in Maßen hinterhältig. Isabel Varell, Heidelinde Pfaffenbichler, Nicolas Gerdell und Markus Vogelbacher machen aus den Jungen, was der Text hergibt - da sind komödiantische Entdeckungen nun einmal nicht drin.

Mit Anstand löste Bühnenbildner Pit Fischer die anspruchsvolle Aufgabe, drei Kabinen simultan auf die Bühne zu stellen - und Kostümbildnerin Hannelore Hirthe-Kuschnitzky durfte ihre Fantasie in einer ganzen Modenschau entladen, von der Alltags- über die vornehme Abendgarderobe bis zur heiter bunten Nachtgewandung. An dieser Schwelgerei darf man im Theater am Kurfürstendamm durchaus seine Freude haben.

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