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Theaterlegende: Schauspieler Gert Voss zum Tod von George Tabori

Der 65-jährige Schauspieler Gert Voss hat mehrfach mit dem Theatermacher George Tabori zusammen gearbeitet. Mit Worten der Zuneigung äußerte er sich gegenüber Tagesspiegel über den Regisseur.

Der 65-jährige Schauspieler Gert Voss, der unter anderem die Titelrolle in George Taboris "Othello"-Inszenierung spielte und auch bei dessen Stücken "Requiem für einen Spion" sowie "Goldberg Variationen" mit Tabori zusammengearbeitet hatte, sagte dem Tagesspiegel zum Tod des Dramatikers:

"George Tabori war von einer unbeschreiblichen Güte und einer herrlichen, nie nachlassenden Neugier, hatte Humor und eine enorme Toleranz. Er hat gelebt, was das Wort Weltbürgertum bedeutet. Er kannte keine Rivalitäten, hat nie jemanden ausgegrenzt und war unfähig zur Aggression – was am Theater sehr selten ist. Er hat mich ungeheuer bereichert: Die Zeit, in der ich mit ihm probierte, war meine angstloseste und freizügigste Zeit am Theater, sei es bei der Arbeit an seiner 'Othello'-Inszenierung oder an seinen Stücken 'Requiem für einen Spion' oder 'Goldberg Variationen'."

Tabori, so Voss außerdem zum Tagesspiegel, sei ein "irrsinniger Animator meiner Fantasie" gewesen. Man sei als Schauspieler nie ein bloßer Exekutant seines Regiewillens gewesen, sondern "auf Augenhöhe mit ihm. Er bewertete nicht, er war ein Mitreisender. Wenn man mit ihm zu einem Stück-Kontinent aufbrach, hat er sich immer genauso unerfahren gestellt wie der Schauspieler. Er schämte sich nicht für Fragen oder für die Unfähigkeit, die man immer hat, wenn man neues Territorium betritt. Und er war ein enorm guter Beobachter, glücklich, wenn der Schauspieler etwas Neues entdeckte."

Weiter sagte Voss, Ensemblemitglied des Wiener Burgtheaters, dem Tagesspiegel: "Dem deutschsprachigen Theater hat Tabori die Ideologielastigkeit und die Schwerfüßigkeit genommen. Er hat uns nicht gelehrt, dass man über den Holocaust lachen kann, er hat es gelebt. Tabori war nie ein Lehrer, hob nie den Zeigefinger. Wir anderen sind vom Kampfeswillen beseelt, vom Siegeswillen, vom Vernichtungswillen, all das gab es bei ihm nicht. Es war seine Lebensentscheidung, vielleicht ein besonderes Gen, so zu sein: gelassen, aber nie gleichgültig." (tso)

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