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Die Kulturstaatsministerin und Berliner CDU-Vorsitzende Monika Grütters verleiht am heutigen Donnerstag den Theaterpreis des Bundes.

© Soeren Stache/dpa

Theaterpreis des Bundes: Von wegen Provinz

Monika Grütters verleiht zum zweiten Mal den Theaterpreis des Bundes. Nach ihrem Sinn sucht die Auszeichnung noch.

Vor drei Jahren verständigte sich der Haushaltsausschuss des Bundestages mit Kulturstaatsministerin Monika Grütters über die Schaffung eines neuen Preises: Für die kleinen und mittleren Theater war er gedacht, um die Kulturarbeit in der Fläche zu würdigen.

Denn die ganze Welt beneidet ja Deutschland um die Vielfalt seiner Live- Kultur-Landschaft. Nirgendwo ist die Versorgung der Bevölkerung mit Schauspiel, Orchestermusik und Operngesang so gut wie bei uns, nirgendwo wird sie so großzügig vom Staat gefördert. Die enorme Diversität der Ensembles selbst in den kleinsten Häusern spiegelt dieses Renommee wieder: Ob aus Asien oder Amerika, ob von den Rändern oder aus dem Herzen Europas – die Künstler strömen aus allen Himmelsrichtungen hierher, suchen ihr Glück in der Kulturnation Deutschland.

Und doch haben es die Bühnen jenseits der Metropolen oft schwer, angemessen in den Medien gewürdigt zu werden. Vor allem in ihrer alltäglichen Basisarbeit für das lokale Publikum. Doch gerade die ist nun einmal extrem wichtig. Wagners „Walküre“ in Detmold, Herrndorfs „Tschick“ in Halberstadt oder Tschaikowskys „Schwanensee“ in Chemnitz sind eigentlich sogar noch wichtiger als die viel beachteten Avantgardeexperimente in der Hauptstadt. Weil die Stadttheaterproduktionen der Humus des Humanismus sind, der Nährboden, auf dem die Spitzenleistungen der großen Staatstheater erst gedeihen können.

Fünf der acht Gewinner kommen aus Großstädten

Darum also wollte Monika Grütters die neue Auszeichnung, die die besten Akteure der sogenannten Provinz endlich auch mal ins Rampenlicht rückt. Mit einer Million Euro ist der Theaterpreis des Bundes ausgestattet, am heutigen Donnerstag wird er nun zum zweiten Mal verliehen, durch die Kulturstaatsministerin höchstselbst, im nordöstlichen Zipfel von Sachsen-Anhalt, im 40 000-Seelen-Städtchen Stendal nämlich, wo das „Theater der Altmark“ beheimatet ist.

Weil Bundesministerien selber nur undotierte Ehrungen vergeben dürfen, musste sich Monika Grütters einen Partner suchen. Ihre Wahl fiel nicht auf den Deutschen Bühnenverein, weil der ja schon den nationalen „Faust“-Wettbewerb ausrichtet, sondern auf das „Deutsche Zentrum des Internationalen Theater-Instituts“ (ITI) mit Sitz in Berlin, das sich als Netzwerk der staatlich finanzierten Bühnen ebenso wie der freien Szene versteht. Hier wurde daraufhin das konkrete Procedere ertüftelt, vom ITI kommen auch die Vorschläge für die Jury-Besetzung.

Eine Intendantin, eine Professorin für Theaterwissenschaft sowie drei Vertreter der schreibenden Zunft saßen diesmal zusammen, diskutierten sich die Köpfe heiß über die 130 Bewerbungen – und trafen am Ende eine Entscheidung, die den Föderalisten gar nicht schmecken dürfte. Weil sie der Grundidee, die hinter dem Preis steht, zuwiderläuft. Fünf der acht Gewinner nämlich kommen aus Großstädten. Lediglich das E.T.A Hoffmann Theater Bamberg, das Theater Naumburg und die Theater und Philharmonie Thüringen Gera/Altenburg repräsentieren kleinere und mittlere Gemeinden. Daneben werden das Lichthof Theater in Hamburg, das Tanzhaus NRW in Düsseldorf, das Theater Junge Generation in Dresden sowie die Sophiensäle und die Schaubude in Berlin mit je 125 000 Euro bedacht.

Das Verfahren für 2019 sollte radikal föderal gedacht werden

Im Gespräch mit dem Tagesspiegel verweist Michael Freundt, der stellvertretende Direktor des ITI, darauf, dass die Geehrten aus den Metropolen dort ja nicht die ganz großen Player sind. Sondern wendige kleine Truppen, die sich auf spezialisierten Feldern bewegen. Nach diplomatischem Paritätsdenken sieht das Votum der Fachleute tatsächlich aus: Kinder- und Jugendtheater, Tanz, Puppenspiel, ein Forum für experimentelle Formen – alle erdenklichen Genres und Spielarten wurden berücksichtigt.

Doch so ist der Preis eigentlich nicht gedacht. Was die Stifter im Sinn hatten, war ja gerade die besondere deutsche Form des Mehrspartenhauses, der städtischen Bühne, die eine lokale Rundumversorgung garantiert. Vielleicht sollte man das Verfahren für die nächste Vergaberunde des Preises 2019 wirklich neu denken - und zwar radikal föderal. Wenn jedes Bundesland seinen Favoriten benennen darf, wäre das sicher zu kleinteilig. Aber wie wäre es, Theaterdeutschland in sechs Regionen zu unterteilen, je zwei im Norden, der Mitte und im Süden?

Dort würden dann jeweils eigene Jurys tagen, die nicht mit aus der Vogelperspektive der Hauptstadt auf die Szene schauen, sondern mit konkreter Vor-Ort- Kompetenz. Stadtstaaten wären ausgenommen, ebenso die Bühnen der Landeshauptstädte. Damit das Geld wirklich bei denen ankommt, die sonst keine Lobby haben.

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