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Theatertreffen 09: Schlingensief und Gosch - ganz groß

"Kirche der Angst vor dem Fremden in mir" von Christoph Schlingensief wird am 1. Mai im Haus der Berliner Festspiele das diesjährige Theatertreffen eröffnen.

Zwei waren gesetzt. Wer auch nur einen Funken Theatergefühl im Leib hat, dem war klar: Christoph Schlingensiefs Duisburger „Kirche der Angst vor dem Fremden in mir“ muss zum Theatertreffen nach Berlin. Nun soll diese erschütternde, befreiende Performance-Messe, dies Oratorium des Fluxus und der Kirchenmoden, dies Protokoll einer schweren Krankheitsverzweiflung (eine Produktion der Ruhr-Triennale) das Theatertreffen am 1. Mai im Haus der Berliner Festspiele eröffnen. Es führt auch kein Weg an Jürgen Gosch und seiner „Möwe“ vorbei (Deutsches Theater/Volksbühne). Wann zuletzt hat eine Aufführung eine ganze Stadt derart in ihren Bann gezogen! Und Gosch zum Zweiten: Aus Zürich wurde „Hier und Jetzt“ nominiert, und da ist mit Roland Schimmelpfennig auch einmal ein zeitgenössischer und nach wie vor aktiver Dramatiker vertreten.

Ernsthaft zu rechnen war auch mit der Einladung des Hamburger Spektakels „Marat, was ist aus unserer Revolution geworden?“. Volker Lösch hat am Deutschen Schauspielhaus wieder, wie schon in seinen umkämpften Dresdner „Webern“, Chöre entfesselt: zwischen Hartz-IV-Empfängern und fetten Managergehältern. Löschs Theatertreffen-Debüt. Thesentheater. Krisentheater.

Und noch ein Hamburger Stück ist dabei: Schillers „Räuber“ in der Regie von Nicolas Stemann (Thalia Theater). Von den Münchner Kammerspielen kommt „Der Prozess“ nach Kafka, Regie: Andreas Kriegenburg, vom Wiener Burgtheater „Der Weibsteufel“ von Karl Schönherr, Regie: Martin Kusej. Die mittlere Regisseursgeneration gibt den Ton der diesjährigen Auswahl an. Dazu zwei Kabinettstücke: Katie Mitchells Multimedia-Version des „Wunschkonzerts“ von Franz Xaver Kroetz (Schauspiel Köln) und das Soloprojekt „Alle Toten fliegen hoch 1-3“ des rasenden Schauspielers Joachim Meyerhoff, die zweite Einladung, die ans Burgtheater geht. Für zehn bemerkenswerte Aufführungen hat sich die siebenköpfige Jury entschieden. Aber nur neun können in Berlin gezeigt werden. Christoph Marthalers Engadiner „Theater mit dem Waldhaus“ lässt sich beim besten Willen nicht aus Sils Maria nach Berlin transportieren. Und damit sind auch Kosten gespart.

Kaum Überraschungen also. Aber alles andere wäre nach Lage der Dinge eher eine böse Überraschung gewesen. (R.S.)

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