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Think Tank: Berggruens Vermögen

Nicolas Berggruen hat ein Institut gegründet. Eine überparteiliche Kommission arbeitet an Verbesserungsvorschlägen für das marode Kalifornien. Stephan-Andreas Casdorff über den Think Tank eines Weltenbürgers.

Bei den Spitzenreichen, hieß es mal, liege er in der Mitte. Das war schön ausgedrückt, denn Nicolas Berggruen hatte nach zwanzig Jahren im Finanzbusiness so um die drei Milliarden Dollar Vermögen. Nicht wenig. Ob er das bestätigen würde? Bescheiden, wie er daherkommt, wohl nicht. Der abgestoßene Hemdkragen, ob echt oder modischer Fake, gleichviel, denn dass er Vermögen hat, weiß doch jeder. Spätestens seit er Karstadt gekauft hat, um das Kaufhaus wieder aufzumöbeln. Und das hat sich der 49-Jährige fest vorgenommen, wie er bei einer bemerkenswerten Einladung am Sonntag noch einmal sagte. Der Weltbürger, man sollte vielleicht besser sagen: Weltenbürger, rechnet mit drei bis fünf Jahren harter Arbeit, mindestens.

Wie Berggruen das so sagte, dieser vom Typ her doch eher Fragile, merkte man, dass er, nun, nicht gleich stählern im Kern ist, aber hart. Er will’s wissen und schaffen; und sprach gleich im Anschluss an das Treffen am Telefon noch mit einem Karstadt-Vorstand. Das ist doch schon mal eine gute Nachricht. Aber nicht die einzige. (Natürlich kann man sich allein schon darüber freuen, immerhin ist Karstadt eine Marke, die man sich aus Deutschland nur schwer wegdenken kann. Was Berggruen übrigens genauso geht, anders als vorher den Arcandor-Typen, obwohl er hier gar nicht lebt, nicht hier aufgewachsen ist, sondern vielmehr in der amerikanischen Lebens- und Denkungsart verwurzelt.) Ihm geht es aber um noch Wichtigeres: Der Mann will, wirklich, die Welt verbessern. Unentgeltlich. Und wann, bitte schön, erlebt man das schon mal?

Am Sonntag. Berggruen hat ein Institut gegründet, was als Tatsache nicht ganz neu ist. Inzwischen arbeitet das Institut und hat Erfolge. In Kalifornien, auf das sich als Erstes die Kraft konzentriert hat, arbeitet eine erstaunliche überparteiliche Kommission – mit Ex-Governator Schwarzenegger und dem von ihm in die Wüste gejagten Vorgänger Gray Davis, mit Reagans Außenminister George Shultz (90, ein US-Helmut-Schmidt) und Vertretern aus allen Bereichen – an Verbesserungsvorschlägen für den maroden Staat, der andererseits der siebtgrößte Industriestaat der Welt ist und Wiege der Innovation. Google, Facebook, Twitter, you name it, alles stammt daher. In Kalifornien soll jetzt, ein Beispiel, nicht mehr die alles erschwerende Zweidrittelmehrheit fürs Budget nötig sein, sondern eine normale. Allein diese Veränderung ist Gold wert für den Staat. Das zeigt exemplarisch, um was es Berggruen geht. Und dass es geht.

Afrika, Europa, die Welt im 21. Jahrhundert – das Berggruen-Institut richtet Arbeitsforen ein, und der Präsident sammelt Erfahrungsschätze für seine Mini-UN. Von Ex-Staatslenkern, wie Gonzalez, Cardoso, Schröder, Aziz, über Wissenschaftler von Rang, wie Stiglitz, Spence, Sen, Zakaria, Bin Wong, um in konzentrierten Sitzungen das Beste aus Ost und West zu neuen Lösungen für eine neue Welt zusammenzubringen. Dann werden die Initiativen durch direkten Dialog mit Regierungen und Zivilgesellschaft vorangebracht. Ein „Think Tank als Action Tank“, sagt Berggruen. Es ist ihm ernst.

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