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Kultur: Tiefgefroren

Zwei Galerien zeigen Neues von Andreas Slominski

„Slominskis Arbeit ist irgendwie kalt“, behauptet Kurator und Kritiker Massimilano Gioni in einem Ausstellungskatalog. Dabei kommen die Garagentore von Andreas Slominski darin noch gar nicht vor: In ihrer sachlichen Materialität, den stumpfen Farben auf Metall und ihrer absoluten Negierung aller Sinnlichkeit markieren sie im Werk des erfolgreichen Künstlers einen nächsten Gefrierpunkt. Bloß kalt lassen einen die sechs überdimensionalen Wandobjekte nicht.

„Asshole’s Garage“ steht auf einem der Tore, „Catwalk“ und „Hygiene“ liest man anderswo. So zettelt Slominski die Auseinandersetzung mit den abweisenden Oberflächen an. Zumal man in der Galerie Jablonka vor den Innenseiten der Tore steht und damit automatisch zum Garagenbesitzer mutiert: Willkommen im Kreis der neidischen Nachbarn, wo jeder auf die finanzielle Potenz des anderen starrt und sich alles um Breite und Größe dreht. „Asshole’s Garage“ ist die kleinste und bescheidenste Version jener neuen Arbeiten (30 000-50 000 Euro). Ein Verlierer-Modell. Gleich daneben lädt die großspurige Doppelgarage zum sozialen Vergleich. Tatsächlich stellen sich jedoch auch andere Assoziationen ein. Etwa zur Minimal Art der sechziger Jahre, deren anonyme ästhetische Strukturen ganz wunderbar von den maschinell produzierten Reliefs der Blechtüren zitiert werden. Als Querformate wirken die Tore automatisch wie Bilder an der Wand, während ihre Mechanik zur funktionslosen Apparatur verkommt. Es sei denn, man erinnert sich an Slominskis legendäre Fallen, die mit unglaublich großem Aufwand kleine Tiere fangen wollen. Da wird auch ein Garagentor zum Schnappmaul, das den Betrachter allerdings längst verdaut.

Parallel zeigt die Galerie Neu eine weitere Arbeit, in der sich Slominski noch ein Stück mehr zurücknimmt. „Boring“ besteht aus einer nackten Einbaubadewanne im Raum. Dass sich anstelle des Künstlers andere ausgiebig mit der Wanne beschäftigt haben, verrät ein kleines, diskret gehängtes Foto nebenan – ein bisschen pornografisch und sehr dokumentarisch. Slominski hat die Besucher eines privaten Clubs in die Galerie gebeten und sie dort rund um den emaillierten Fremdkörper tun lassen, was sonst Zweck des Clubbesuchs ist: möglichst viel Sex mit den übrigen Gästen.

Ein Haar in der Wanne und ein zarter Fußabdruck erzählen von jenem Abend, der sich für immer mit der Wanne verbunden hat (Preis auf Anfrage). Sinnlich aber ist auch dieser Moment kein bisschen. Die Kühle des Raums, das Medizinische des Objekts und nicht zuletzt der Titel „boring“ werfen ähnliche Gedanken wie bei den Garagentoren auf: Es geht um Potenz, um mechanischen Lustgewinn und die Sehnsucht nach einem Zustand stiller Befriedigung.

Andreas Slominski konserviert diese Wünsche in der Kälte seines Materials. Seine Arbeiten beschreiben vor allem jedoch ihre Vergeblichkeit, als Vehikel dient ihm die nüchterne Funktionalität der Objekte. Wäre da nicht ihr skulpturaler Charakter, ihre bizarre Schönheit im Detail und Slominskis beständigen Witz – man müsste sie wirklich kalt nennen.

Galerie Jablonka, Rudi-Dutschke-Str. 26; bis 14.11., Di-Sa 11-18 Uhr / Galerie Neu, Philippstr. 13; bis 7.11., Di-Sa 11-18 Uhr.

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