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Kultur: Timbuktu kann sehr heiß sein

Mali ist eines der wirtschaftlich ärmsten, zugleich aber musikalisch reichsten Länder der Welt.Von dort kommen sowohl die wundervolle Stimme des Albino-Prinzen Salif Keita als auch der erdige "Wassoulou-Sound" von Oumou Sangaré .

Mali ist eines der wirtschaftlich ärmsten, zugleich aber musikalisch reichsten Länder der Welt.Von dort kommen sowohl die wundervolle Stimme des Albino-Prinzen Salif Keita als auch der erdige "Wassoulou-Sound" von Oumou Sangaré .Oder Mory Kanté , der in den achtziger Jahren mit "Yeke Yeke" Afrikas größten Hit in Europa landete und durch Kora-Funk und Acid-House die Ära der malischen Elektro-Barden einläutete.Rokia Traoré heißt nun die neue und mit 24 Jahren auch jüngste Muse des malischen Chansons.Vor zwei Jahren erhielt sie von Radio France International den Preis "Entdeckung 1997" in der Sparte afrikanischer Musik.Und mit ihrem Debütalbum "Mouneissa" hat sie bereits die oberen Plätze der europäischen Weltmusikcharts im Sturmlauf erklommen.

Im Gegensatz zu ihrer Landsmännin und frühen Förderin Oumou Sangaré entstammt Rokia jedoch nicht der malischen Musikerkaste, sondern der Oberschicht.Als Tochter eines Diplomaten, den es mit seiner Familie bis nach Brüssel geführt hat, dürfte es der fernab ihrer Heimat aufgewachsenen Sängerin nicht allzu schwer gefallen sein, die sozialen Hürden Malis zu überwinden, um das musikalische Handwerk einer niederen Kaste auszuüben.Trotzdem ist auch sie ein Beispiel nicht nur für das Talent, sondern auch die Durchsetzungskraft westafrikanischer Musikerinnen, die sich der zumeist patriarchalisch verankerten Tradition verweigert haben.

Rokia Traoré feiert ihren Erfolg zwar im fernen Europa, besinnt sich in ihren Liedern jedoch auf den Urstand des Lebens in den Dörfern zwischen Timbuktu und Bamako.Dazu verzichtet sie auf die modischen angelsächsischen Arrangeure einiger Kollegen.Viel lieber führt sie zwei heimische Instrumente zusammen, die bislang noch niemand miteinander in Einklang gebracht hat: das kalebassenverstärkte Balafon, das ungefähr so klingt, als hätte man dickes Pergamentpapier zwischen Hammer und Saiten eines uralten Klaviers gelegt, und den Ngoni, ein viersaitiges Zupfinstrument, dessen Klang zwischen Laute, Zither und Banjo changiert.Über diese zart-aparten Harmonien legt Rokia ihren Gesang.Ihre Stücke, in denen es um Altern und Vergänglichkeit geht, die Kinderliebe auch zu geschiedenen Eltern oder einen Steppenfarmer, der seinen Mut der Inbrunst des Löwen entgegensetzt, trägt Rokia in ihrer Muttersprache vor.Ihre Stimme ist klar, sanft, und dabei leicht angerauht, so als ob sich eine dezente Schicht Wüstenstaub auf den kräftigen Stimmbändern der Sängerin niedergelegt hätte.Hier kommen vor allem die Stimmfarben zur Geltung.Sie leuchten so abwechslungsreich wie die Gewänder, die die schlanke Sängerin auf der Bühne trägt.Damit gelingt ihr ein seltener Kunstgriff.Statt auf urigen Rhythmus, auf den sich afrikanische Musik in unseren Breiten oft reduziert, setzt Rokia Traoré auf die Melodik.Und weil sie durch die Konsonanten des globalen Popidioms nicht ins Stottern gerät, kann sie die ganze Eleganz und Spannung westafrikanischer Vokalmusik auf eine Weise entfalten, die ihren Zauber verständlicher macht.

Heute im Pfefferberg, 21 Uhr

ROMAN RHODE

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