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Pandemie-Hit. Die Berliner lieben das Musical „Kudamm 56“.

© Christina Kratsch/Davids

Traditionshaus in Schwierigkeiten: Was passiert mit dem Theater des Westens?

Der aktuelle Untermietervertrag mit Stage Entertainment läuft zum Herbst 2022 aus. Noch ist unklar, wie es danach weitergehen könnte.

Die Uraufführung des Musicals „Kudamm 56“ ist erfolgreich im Theater des Westens über die Bühne gegangen – wie die Zukunft des Traditionshauses aber langfristig aussehen könnte, ist derzeit absolut unklar. Wenn genug Publikum die Geschichte um die Tanzschule „Galant“ sehen möchte, wird „Kudamm 56“ bis Ende April 2022 laufen. Die Macher der Show haben dafür einen Untermietvertrag mit der Stage Entertainment geschlossen, dem Musical-Marktführer in Deutschland. Der wiederum hat die Immobilie vom Land Berlin gemietet. Der derzeitige Vertrag läuft zum Herbst 2022 aus, noch aber hat sich die Stage Entertainment nicht entschieden, ob sie ihn verlängern möchte. Sei es, um das Haus für eigene Produktionen zu nutzen, wie bis zum Beginn der Pandemie; sei es, um das Gebäude erneut unterzuvermieten.

Aktuell laufen Gespräche mit dem Intendanten der Komödie am Kudamm, Martin Woelffer. Woelffer ist in einer Zwickmühle, weil sich die Bauarbeiten für den Neubau seines Privattheaters innerhalb des Großprojekts „Fürst“ am Kurfürstendamm verzögern. Noch bis zum Sommer 2022 kann die Komödie im Schillertheater spielen, doch dann müssen die Künstler ausziehen, weil dort die Komische Oper folgt. Deren eigenes Domizil in Mitte wird gerade generalsaniert. Martin Woelffer möchte zum Stand der Verhandlungen mit Stage Entertainment nichts sagen, aus der Berliner Kulturverwaltung ist auf Anfrage immerhin zu erfahren, dass der Senat in unterstützender Funktion mit dabei ist.

Bis vor fünf Jahren hat Stage Entertainment in Berlin noch eine zweite große Bühne bespielt, das Theater am Potsdamer Platz. Weil sich dessen Betrieb aber finanziell nicht rechnete, war nach dem Auslaufen des Udo Lindenberg-Musicals „Hinterm Horizont“ im Sommer 2016 Schluss. Zwar wurde das von Renzo Piano erbaute Theater noch einmal pro Jahr durch die Berlinale genutzt, den Rest der Zeit aber stand es meistens leer. Schließlich fand sich mit dem internationalen Konzertveranstalter Live Nation tatsächlich ein neuer Interessent für das 1750-Plätze-Haus. Zum Winter 2020 sollte hier der erste europäische Ableger des „Cirque du Soleil“ mit der eignes für Berlin entwickelten Show „Nysa“ starten. Für „mehr als fünf Jahre“ habe man das Theater am Potsdamer Platz gemietet, verkündete Live Nation stolz.

Dann aber kam Corona. Der Traum, „Nysa“ mit einem italienischen Regie-Team zu realisieren, ist noch nicht ausgeträumt, jetzt aber will Live Nation erst einmal wieder vorsichtig in den Spielbetrieb einsteigen, mit drei Aufführungen des „We Will Rock You“-Musicals vom 15. bis 17. Dezember. Und auch ein paar Untermieter haben sich schon gefunden für die Zeit, bis sich das Haus – hoffentlich – im Februar wieder in den Berlinale-Palast verwandelt kann. Die Berlinale-Leitung verkündete am Donnerstag, dass das Filmfestival weiterhin wie geplant vom 10. bis 20. Februar stattfinden soll. Der „Russian Circus on Ice“ will hier gastieren, das „Moscow Classic Ballet“ die Klassiker „Nussknacker“ und „Schwanensee“ zeigen, das Beatles-Musical „All You Need Is Love“ hat sich angekündigt und es soll diverse Filmmusikkonzerte geben.

Der Zeitpunkt für das Soft Opening der Bühne ist strategisch klug gewählt, denn gerade werden in der Nachbarschaft sowohl die Potsdamer Platz Arkaden als auch das Sony Center für viele Millionen Euro optisch neu hergerichtet. Wenn sich die Pandemie in den Griff bekommen lässt, könnte aus der in die Jahre gekommenen neuen Mitte Berlins tatsächlich wieder eine attraktive Gegend werden, zum Shoppen und Ausgehen. Für Berliner wie Touristen.

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