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Kultur: Traurige "Dicsco-Pigs"

Immer schneller, kürzer, härter sind Thomas Ostermeiers Inszenierungen in den vergangenen zwei Jahren geworden.In der gemeinsam mit dem Schauspielhaus Hamburg erarbeiteten deutschen Uraufführung von Enda Walshs "Disco Pigs" (siehe Tagesspiegel vom 16.

Immer schneller, kürzer, härter sind Thomas Ostermeiers Inszenierungen in den vergangenen zwei Jahren geworden.In der gemeinsam mit dem Schauspielhaus Hamburg erarbeiteten deutschen Uraufführung von Enda Walshs "Disco Pigs" (siehe Tagesspiegel vom 16.10.) jagt er seine Darsteller Bibiana Beglau und Marc Hosemann in einer knappen Stunde durch das Stück.Harte Schlagzeugrhythmen von Thomas "Danny-Boy" Witte machen die erste Viertelstunde zum rauschhaften Durchstarter: Die Stunde der Geburt von "Schwein" und "Mücker" ist zugleich die Stunde der vollkommenen Selbstaufgabe der beiden Schauspieler, die mit höchstem Körper- und Stimmeinsatz über die Bühne taumeln.Was nach dem furiosen Beginn lakonisch erzählt wird, ist die bittere Geschichte des Erwachsenwerdens.Zwei Siebzehnjährige in der irischen Kleinstadt Cork toben in trauter Einigkeit durch Kneipen und Diskos, spielen sich unter prasselnden Schlägen durch eine Orgie der Gewalt und Provokation, um am Ende ratlos zu ahnen, daß da "plötzlich ein Unterschied ist".Bibiana Beglau als "Mücker", die am Ende aus der Jugendfreundschaft ausbricht, um "für sich" zu sein, wechselt in Sekundenschnelle von zappeliger Kumpelhaftigkeit zu dumpfer Melancholie.Marc Hosemann als "Schwein" kann den Wandel der Freundin nur verständnislos beobachten: Wenn er ihr zum Geburtstag eine Fahrt ans Meer schenkt, können seine liebevoll-tumben Zurufe sie in ihrer traumverlorenen Hingabe nicht mehr erreichen.

Um die Dynamik und Dramatik dieses Abschieds von der Kindheit dem Zuschauer nahezubringen, braucht es auf der Bühne nicht mehr als dieses aufeinander eingespielte Paar.Was im Schauspielhaus in Hamburg vielleicht verloren, verspielt wirkte, gewinnt in der Enge der Baracke die für Ostermeier typische Konzentration zurück.Kein Bühnenbild, kaum Requisiten braucht das Drama, das in Beglaus wandelbar-ausdrucksstarkem Gesicht und Hosemanns schlaksig-unbeholfener Gestik wie in einem Prisma zusammenschnurrt.So traurig war Erwachsenwerden noch nie.(til) Foto: Horn

Baracke des Deutschen Theaters, nochmals heute (15.11.), 20 Uhr

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