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Kultur: "Treffpunkt Tagesspiegel": Den Kuchen essen und ihn behalten

Wahre Kunst hängt nicht am Geld. Christoph Stölzl findet genügend Klassiker-Zitate, um diese Weisheit zu belegen.

Wahre Kunst hängt nicht am Geld. Christoph Stölzl findet genügend Klassiker-Zitate, um diese Weisheit zu belegen. Und wer dem Kultursenator an diesem Abend beim "Treffpunkt Tagesspiegel" im Berliner Naturkundemuseum nur lange genug zuhört, kann sich seinen derart unterfütterten Argumenten kaum entziehen. Zwar möchte er nicht das Loblied vom Hungerkünstler anstimmen. Gleichwohl insistiert Stölzl darauf, dass Kultur letztlich nicht steuerbar sei. Andernorts - man denke nur an die Stuttgarter Oper oder an Roberto Ciullis Theater an der Ruhr - sei Hochkultur ja auch mit weniger Geld möglich. Tarifvertragliche Änderungen bedeuteten keineswegs einen Anschlag auf die Kunst.

"Boom oder Bankrott? Berlins Kulturpolitik vor der Entscheidung": Nachdem er vergangene Woche sein Papier zur Bühnenreform vorgelegt hat, stellte sich Stölzl den Fragen von Tagesspiegel-Herausgeber Hellmuth Karasek und Feuilletonchef Peter von Becker, der frühere Wissenschaftssenator George Turner moderierte die Diskussion. Dass Stölzl derzeit vor allem die Bühnen reformieren will, ist schlicht eine Frage der Zahlen. Wenn die Theater und Opernhäuser allein 500 Millionen Mark, also Zweidrittel des Jahres-Kulturetats verschlingen, ist es unter den akuten Sparzwängen sinnvoll, diesen Bereich zu sanieren. Aber, so von Becker, "man kann den Kuchen nicht essen und gleichzeitig behalten". Eine Generalintendanz für Deutsche Oper und Staatsoper zu installieren, ohne einen Generalintendanten präsentieren zu können, sei allzu "funktionalistisch". Die Alternative zu den bislang verhinderten Schließungen könne nicht die bloße Aufrechterhaltung des Betriebs sein. Das Ergebnis wäre künstlerisches Mittelmaß.

Von Becker insistierte denn auch auf mehr Personal- und weniger Finanzpolitik in Stölzls Behörde. Woraufhin der Senator, mit Blick auf die jünste Vergangenheit, die Flucht nach vorne antrat: Die historische Staatsoper Unter den Linden hätte nach der Wiedervereinigung als preußisches Erbe dem Bund zufallen müssen: "Damals wurde falsch verhandelt, Berlin hat sich mit der historischen Last übernommen." Das letzte Wort über Trägerschaften zwischen Bund und Berlin stehe noch aus. Also wieder ein Appell an den Kulturstaatsminister: Herr Naumann, übernehmen Sie!

Hellmuth Karasek versuchte den wie immer eloquenten Senator bei seiner Eitelkeit zu packen. Ob die positive Stimmung in der Szene nach Stölzls hoffnungsvollem Amtsantritt denn mittlerweile umgeschlagen sei? Zumindest bei den freien Gruppen, die sich in der anschließenden Diskussion über die Kürzungen im Off-Bereich bitter beklagten, hat der Senator seine Vorschusslorbeeren verspielt. Allein, ein Christoph Stölzl lässt sich seinen Optimismus so schnell nicht verderben.

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