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Kultur: Treppen und Tellerwäscher

KUNST

Lula, der neue Präsident Brasiliens, will sich die Armut vornehmen, fast 1,5 Milliarden Euro sind schon für das Programm „Zero Hunger“ eingeplant. Lula selbst ist eines von 22 Kindern eines Bauern, der weder schreiben noch lesen konnte, der Sohn wurde Schuhputzer, Mechaniker, schließlich Gewerkschaftsführer.

Brasilien hat nur einen Präsidenten, aber unendlich viele Orte, an denen solche Karrieren ihren trostlosen Anfang nehmen: die Favelas, die Ghettos der Klein- und Kleinstverdiener. In ihnen leben die brasilianischen Tellerwäscher, und die meisten sterben auch dort. „A Cultura da Favela“, die Kultur der Favela, heißt deshalb auch der vom Goethe-Institut in Rio de Janeiro initiierte Versuch, einen Zugang zu den labyrinthischen Wohn- Konstruktionen an den Hängen der Metropole zu legen: 560 Favelas gibt es in Rio und die Künstler waren eingeladen, eine Weile dort zu leben und so die „kulturelle Produktion“ der Favela zu erfassen. Vier dieser Arbeiten, die Photographien und Videoinstallationen von Pedro Lobo, Michael Wesely, Thomas Florschuetz und Janina Tschäpe, hat das Goethe-Institut ausgekoppelt und präsentiert sie im Brasilianischen Kulturinstitut unter dem Titel „Morro/Labyrinth“ (bis 29. Januar, Schlegelstraße 26-7, Mo-Fr 11-16 Uhr). Der Münchner Wesely rückt in prächtigen Doppelbelichtung das reiche direkt neben das arme Rio. Ohnehin enge Nachbarschaften verschwimmen zu einer. Am tiefsten in das Labyrinth dringt Thomas Florschuetz ein: 22 menschenlose Bilder nahm er auf, verwinkelt und verwahrlost vom Innenleben der Armenviertel, Müll, Graffiti und Treppen. Treppen, denn wer die Hügel verlassen will, an denen die Favelas kleben, dem droht ein langer Abstieg.

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