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Götterklang. Daniel Barenboim und die Geigerin Lisa Batiashvili.

© Monika Rittershaus

Triumph für Barenboim und seine Musiker: Das West-Eastern Divan Orchestra in der Waldbühne

Mitklatschen im Märchenwald: Daniel Barenboim gibt mit seinem West-Eastern Divan Orchestra ein umjubeltes Konzert in der Berliner Waldbühne.

Das Waldbühnenkonzert des West-Eastern Divan Orchestra hat mittlerweile Tradition. Bereits zum neunten Mal sind Daniel Barenboim und sein aus israelischen und arabischen Musikern bestehendes Ensemble hier zu Gast. Langsam zur Tradition werden leider auch die für das Event geltenden rigorosen Sicherheitsvorschriften. Nicht größer als DIN A4 dürfen Taschen und Rucksäcke am Sonntagabend sein, viel mehr als dort hineinpasst darf man aber sowieso nicht mitnehmen: Essen, alkoholische Getränke und auch sonst alles, was den Freiluftkonzertbesuch verschönt, sind verboten.

Wenn man die Kontrollen dann aber überstanden und sich an den vielen Promi-Fotografen vorbeigekämpft hat, kann man, durch die letzten Sonnenstrahlen blinzelnd, die Atmosphäre des Augustabends in der Waldbühne auf sich wirken lassen.

Druckvolle Polonaise

Mit einer wuchtigen Fanfare beginnt der Abend – oder würde wuchtig beginnen, wäre da nicht die Soundanlage der Waldbühne. Die druckvolle Polonaise aus Tschaikowskis Oper Eugen Onegin verpufft ins Nichts, zu flach und höhenlastig ist der Klang. Leise Stellen sind hingegen kaum hörbar, sodass die Feinheiten in der Interpretation meist verloren gehen. Umso schöner ist es dann, wenn bei Tschaikowskis Violinkonzert der Ton der georgischen Geigerin Lisa Batiashvili überraschend klar über dem Orchesterklang liegt. Batiashvili übersetzt die dem Stück eigene Zerrissenheit virtuos in ihr Geigenspiel, neben sehr aggressiven Passagen beweist sie viel Gefühl für die leisen Töne des Konzerts.

Während nach der Pause der Wald langsam in der Nacht versinkt, wird auch die Musik verträumter. Zwei Werke Claude Debussys stehen auf dem Programm, den Anfang macht „Prélude à l’après-midi d’un faune“. In der berühmten sinfonischen Dichtung geht es um den Nachmittag eines Fauns, die märchenhafte Atmosphäre wird verstärkt durch die Fledermäuse, die durchs Scheinwerferlicht flattern.

Verloren im Impressionismus

Auch beim abschließenden „La Mer“ schaffen es Barenboim und das Orchester, dass man sich ganz in Debussys impressionistischen Klangwelten verlieren kann. Das Rauschen der Blätter scheint ins Auf und Ab des Meers überzugehen, das bei Barenboim nie wild, sondern eher leicht hin- und herwogt. So hätte der Abend enden können, man wäre zufrieden und etwas verträumt nach Hause gegangen. Die schmissigen Zugaben reißen einen aber aus diesem angenehmen Zustand: Spätestens, wenn das Publikum auf sehr deutsche Art beim Toreromarsch zu Bizets „Carmen“ mitklatscht, ist der Zauber verflogen.

Elias Pietsch

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