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Kultur: Tröstende Töne

Das „Orkester Norden“ bei Young Euro Classic

Nein, von Naivität ist hier nichts zu spüren. Weder bei den jungen Musikern des „Orkester Norden“ noch beim Komponisten Jan Erik Mikalsen: Der 1979 geborene Norweger hat ein reifes, fulminantes Stück kreiert, „Parts for Orchestra“, das sich wie ein eruptiver Vulkan von Höhepunkt zu Höhepunkt steigert. Man ist dazu geneigt, den Untertitel aus dem Programmheft ernst zu nehmen und sich vorzustellen, wie hier aufgescheuchte „Elefanten und Schwäne“ durchs Konzerthaus stürmen. Und dann kann man sie tatsächlich auch erleben, die Tiere und Arten, die sich gegenseitig Leben einflößen und wieder abschaffen.

Das Stück gibt sich mal wuchtig, mal leicht, schraubt sich hoch wie eine Spirale kurz vor dem Durchdrehen, um schließlich in einem tollkühnen, explosiven Bersten zu münden. Gar keine Frage: Dieses irre Stück (man könnte es ein modernes Tongemälde nennen) hat beste Chancen, beim Young-Euro-Classic-Festival den diesjährigen Komponistenpreis zu gewinnen.

Mit Mikalsens Novität wie mit Jean Sibelius’ fünfter Sinfonie weiß das „Orkester Norden“ sein Publikum zu begeistern. Nachdem aber der 1980 geborene Kristian Ofstad Lindberg mit rasanten Läufen das dritte Klavierkonzert von Sergej Rachmaninow gemeistert hat, kennen die Bravo-Rufer keine Grenzen mehr.

Zum Abschluss bedankt sich Dirigent Rolf Gupta für die Gastfreundschaft – und widmet das letzte Stück jenen Jugendlichen, die vor wenigen Wochen im Attentat von Utøya gestorben sind und ungefähr so alt waren wie die norwegischen Musiker auf dem Podium. Es heißt „Herzlich willkommen“. In gemeinsamer Trauer, nicht in Verbitterung, soll dieser Abend schließen. Tomasz Kurianowicz

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