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Kultur: Trommeln mit Stimme

LITERATUR

Von Susanna Nieder

Vorgelesen kriegen, das vergessen Erwachsene leicht, kann viel lustiger sein als selber lesen. Vor allem, wenn die Lesung den Vorlesern einen Riesenspaß macht und es in dem Buch so rund geht wie in bei Artemis Fowl, dem 13-jährigen Meisterdieb. Mit ihm hat der Ire Eoin Colfer den größten Kinderbucherfolg nach Harry Potter gelandet. Zum Erscheinen des dritten Bandes hatten Verlag und die Berliner Leseratten eine Lesung im Umspannwerk Kreuzberg organisiert, und da Colfer kein Deutsch kann, las er die wenigen Äußerungen, die Artemis selbst tut, auf Englisch mit schönstem irischem Akzent. Den Rest besorgte Rufus Beck, der nicht nur die Harry-Potter-Hörbücher liest, dass in Kinderzimmern quer durchs Land die Fensterscheiben klirren, sondern eben auch Artemis Fowl („Artemis Fowl – Der Geheimcode“ als Buch, List Verlag, 18 €, als Hörbuch im Ullstein Hörverlag, 24 €). Wie eine OneMan-Band schlug er die Trommel, spielte Mundharmonika und zupfte die Gitarre, alles mit seiner Stimme. Artemis’ Leibwächter Butler, der Bösewicht Jon Spiro, die alte Dame, die sich mit dem Revolver an der Schläfe kratzt – wenn Beck sie liest, werden sie in Überlebensgröße sichtbar, ein akustischer Comic. Für Erwachsene, über die Grenzen ihrer eigenen Möglichkeiten bereits bestens unterrichtet, war Becks Virtuosität das Ereignis; den Kindern ging es vor allem um die Geschichte, in der Elfen und Trolle den Menschen technologisch um Jahre voraus sind. Hinterher hagelte es Fragen – wer Colfer zu Artemis inspiriert hat (seine vier unerträglichen Brüder), wer seine Lieblingsfigur ist (Mulch Diggums, der Zwerg mir Blähungen), ob er Spaß beim Schreiben hat (großen!) – und den hatte das Publikum auch.

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