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Kultur: Trübe Zukunft

Theater und Kulturpolitik: eine Berliner DiskussionVON GÜNTHER GRACK"Zukunft ohne Theater" - ohne Fragezeichen: eine provokante These, die da eine Gesprächsrunde der Deutschen Akademie der Darstellenden Künste beschäftigen sollte.Man fand man sich, unter Günther Rühles Moderation, an anzüglich gewähltem Ort zusammen: in der Kassenhalle der Freien Volksbühne, also eines Theaters, das womöglich in der Tat keine Zukunft mehr hat, sieht sich doch der Verein Freie Volksbühne im Falle einer ausbleibenden Hilfeleistung seitens des Berliner Senats vor dem Zwang, das Haus einer "nicht-kulturellen Nutzung zuzuführen, um einem finanziellen Desaster vorzubeugen".

Theater und Kulturpolitik: eine Berliner DiskussionVON GÜNTHER GRACK"Zukunft ohne Theater" - ohne Fragezeichen: eine provokante These, die da eine Gesprächsrunde der Deutschen Akademie der Darstellenden Künste beschäftigen sollte.Man fand man sich, unter Günther Rühles Moderation, an anzüglich gewähltem Ort zusammen: in der Kassenhalle der Freien Volksbühne, also eines Theaters, das womöglich in der Tat keine Zukunft mehr hat, sieht sich doch der Verein Freie Volksbühne im Falle einer ausbleibenden Hilfeleistung seitens des Berliner Senats vor dem Zwang, das Haus einer "nicht-kulturellen Nutzung zuzuführen, um einem finanziellen Desaster vorzubeugen".Was wäre der Verlust, wenn die Theater wirklich schlössen? Rühle setzte diese Frage als Muntermacher an den Beginn der Diskussion, doch ernst nehmen mochte sie niemand auf dem Podium.Für den Schauspieler Herbert Fritsch ist das Theater keine Zukunftsfrage, sondern Gegenwart: "Ich will spielen." Für den Autor Thomas Jonigk bietet es die Möglichkeit, "in den Augenblick einzutauchen", und Thomas Ostermeier, der Kopf der DT-Baracke, springt ihm bei: "Wir brauchen die Unmittelbarkeit des Spiels." Er will mit seinem Team die "Sehnsucht nach geschlossenen Geschichten" befriedigen und beruft sich auf einen Vorrat an Stücken für "drei Jahre".Seine Inszenierung von "Shoppen & Ficken" wird von Ute Canaris gerühmt als ein Lehrstück, das ihr das Lebensgefühl der Jugend vermittelt; allerdings gibt sie aus ihrer Erfahrung als Bochumer Kulturdezernentin zu bedenken, daß ein konservatives Publikum in gewissen "Fäkalien"-Dramen "nicht mehr unser Theater" zu erkennen vermöge, und spricht sich für mehr Kommunikation der Theaterleute wie der Kulturpolitiker aus, um wechselseitiges Mißtrauen abzubauen.Für Frank Castorf ein "furchtbares Blabla": "Das Theater hat den Mut, etwas zu benennen, was andere sich nicht trauen." Sich selbst betreffend, räumt der Volksbühnenchef ein, seine beste Zeit liege hinter ihm; kollegial hebt er, zwischen den Antipoden Schleef und Schlingensief, die Arbeit der DT-Baracke an einer "neuen Verständlichkeit" hervor und kündigt so etwas wie eine "Offensive" an.Rühle hört aus Castorfs Tirade eine "Wut" heraus und folgert, die Politiker müsse interessieren, "was da in der Gesellschaft schlummert".Eine Gesprächsrunde, die sich zunehmend schwer tat mit dem gegenseitigen Verständnis: kein gutes Omen für ein Theater der Zukunft.

GÜNTHER GRACK

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