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Tschingis Aitmatow: Gefeierter Superstar

Der kirgisische Schriftsteller Tschingis Aitmatow hat seinen neuen Roman "Der Schneeleopard" vorgestellt. Fast tausend begeisterte Fans kamen zu der Lesung.

Leipzig - Am Schluss blieb ihm nur noch die Flucht durch den Seitenausgang der Deutschen Bücherei: Zu Hunderten drängten sich seine Fans in zwei großen Lesesälen der Deutschen Bücherei, um seinen Berichten über den neuen Roman "Der Schneeleopard" zu lauschen. Doch nachdem er das Interesse lange genossen hatte, wurde der grau melierte Autor nach der Lesung so bedrängt, dass ihn seine besorgte Frau aus der Menge ziehen musste. Aitmatow hatte vor einigen Jahren einen Herzinfarkt.

"Erlauben Sie, dass ich mich jetzt zurückziehe", hatte er die Leipziger nach etwa eineinhalbstündiger Lesung gebeten. "Wenn es das Schicksal erlaubt, möchte ich gerne noch ein weiteres Buch schreiben, um mich noch einmal mit Ihnen treffen zu können."

Während der Präsentation seines neuen Buches genoss der Schriftsteller das große Interesse sichtlich. "Wenn ich eine Aufnahme vom heutigen Abend hätte, würde ich gerne zu Hause den anderen Schriftstellern zeigen, wie man hier in Leipzig Autoren schätzt." Nahezu tausend Neugierige hatten sich in die Deutsche Bücherei gedrängt, einige wurden wegen Überfüllung wieder nach Hause geschickt. Wer nicht ganz zeitig da war und einen der Plätze an den schönen Holztischen ergattern konnte, saß auf dem Fußboden, stand vor den Bücherregalen oder hockte auf den Treppen, die zu den Emporen führen. In einem Lesesaal wurde der Aitmatow-Besuch auf Leinwand übertragen.

Pflichtlektüre im DDR-Deutschunterricht

"Ich will ihn sehen, weil ich alle seine Werke verschlungen habe", sagte die Slawistin Renate Klie. "Er gehört irgendwie zu unserer Kindheit", meinte die 44 Jahre alte Isa Brützke aus Weimar. Die Erzählung "Djamilja", mit der Aitmatow vor fast 50 Jahren seinen internationalen Durchbruch hatte, war beliebte Pflichtlektüre im DDR-Deutschunterricht.

Als der Schriftsteller den Lesesaal betrat, wurde er gefeiert wie ein Superstar. Er strich einem auf dem Fußboden sitzenden Mädchen kurz über den Kopf, nahm Platz und schwärmte: "Meine lieben Leipziger Leser! Sie können sich gar nicht vorstellen, wie glücklich ich bin, wirklich glücklich."

Sein neues Buch spielt im heutigen Kirgisien. Ein kritischer Journalist kehrt enttäuscht und gescheitert in sein Heimatdorf in den Bergen zurück, wo der Kommerz Einzug gehalten hat und der Schneeleopard von reichen arabischen Prinzen gejagt wird. "Würden Sie in die kirgisischen Berge fahren und alles mit eigenen Augen sehen, würden Sie bemerken, dass die Globalisierung auch diese entlegene Gegend erfasst hat", berichtete Aitmatow. Sein Anliegen sei es, für ewige Werte wie die Kunst einzutreten, und gegen Globalisierung, Massenkultur und Marktwirtschaft. (Von Sophia-Caroline Kosel, dpa)

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