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Kultur: Tunnel-Inferno: Pionier am Berg

Die Gletscherbahn von Kaprun fährt den größten Teil der vier Kilometer langen Strecke als U-Bahn in einem eingleisigen Tunnel. Zwei Züge verkehren gegenläufig und können jeweils bis zu 180 Menschen transportieren.

Die Gletscherbahn von Kaprun fährt den größten Teil der vier Kilometer langen Strecke als U-Bahn in einem eingleisigen Tunnel. Zwei Züge verkehren gegenläufig und können jeweils bis zu 180 Menschen transportieren. Die Fahrt bis auf knapp 2500 Meter Höhe dauert achteinhalb Minuten. Dabei werden mehr als 1500 Höhenmeter überwunden. Um 8.30 Uhr startet täglich der erste Zug in die Höhe, eine halbe Stunde später normalerweise der zweite. Die Unglücksbahn fuhr als dritte Fahrt des Tages um 9 Uhr an der Talstation ab. Bei großem Andrang fährt die Bahn häufiger.

Die 1994 generalüberholte Bahn gilt als eine Pioniertat der Seilbahntechnik. Die beiden Züge der Bahn hängen nach Angaben des Linzer Ingenieurs Klaus Eisenkolb an einem fünf Zentimeter dicken Stahlseil, das über die Bergstation läuft. Beide Züge bestehen aus Wagen, die in mehrere Abteile aufgeteilt sind. Die 180 Plätze verteilen sich auf Sitz- und Stehplätze. Skier und Snowboards werden mit in die Bahn genommen.

An beiden Enden des Wagens befindet sich ein Führerstand, der je nach Tal- oder Bergfahrt besetzt ist. Der zur Unglücksbahn gegenläufige Zug war mit einem Fahrer besetzt, er hatte keine Passagiere. Auch dieser Zug ist verbrannt; der Fahrer starb. Als sich der Brand entwickelte, blieben beide Züge automatisch stehen. Der voll besetzte Wagen befand sich 600 Meter tief im Tunnel, knapp zweieinhalb Kilometer von der Bergstation und knapp eineinhalb Kilometer von der Talstation entfernt.

Ingenieur Eisenkolb sagte im Fernsehsender ntv, die Züge seien in Leichtbauweise konstruiert und bestünden großenteils aus Aluminium. Die Bahn befinde sich auf dem neuesten Stand der Technik. "Ein solches Brandereignis ist für mich völlig undenkbar ohne äußere Einwirkung", sagte er. Er vermutete einen Kurzschluss in einem Kabel, der einen Kabelbrand verursacht haben könnte. Nach offiziellen Angaben entwickelte sich bei der Bergfahrt am unteren Ende der Bahn ein Schwelbrand, der sich durch den Luftzug im Tunnel wie in einem Kamin ausgebreitet habe.

Der Tunnel ist 3,2 Kilometer lang und hat eine Steigung von ungefähr 45 Prozent. Ein Brand unter diesen Bedingungen sei die schlimmste Variante eines Tunnelbrandes, den man sich vorstellen könne, sagte der Düsseldorfer Brandexperte Ulrich Cimolino im ntv. In Sekundenschnelle entstehe dabei eine Hitze von bis zu tausend Grand Celsius und Schwaden, die durch die mit verbrennenden Kunststoffe in jedem Fall hochgiftig seien. Durch die Thermik des Brandes entstehe der Kamineffekt. Die Steigung des Berges beschleunige den dabei entstehenden Zug. Wer stehe und damit in dieser Höhe atme, könne bereits nach wenigen Atemzügen bewusstlos werden, sagte Cimolino. Wer sitze oder sich gar auf den Boden legen könne, habe bessere Chancen.

Nach Eisenkolbs Angaben ist der Tunnel während der Fahrt der Züge oben und unten mit Toren verschlossen. Vor der Bergstation befinde sich eine Schleuse aus zwei Toren, sagte Eisenkolb. Es könne sein, dass die Tore nach dem Stillstand des Zuges geöffnet worden seien. Er schloss menschliches Versagen nicht aus und meinte, womöglich habe jemand etwas getan, ohne die Konsequenzen abzusehen.

Die unterirdische Bahn existiert seit März 1974. Sie verbindet das Kapruner Tal auf einer Höhe von 928 Metern mit der Bergstation, die rund 600 Meter unterhalb des Gipfels des Kitzsteinhorns liegt. Rund um das 3205 Meter hohe Kitzsteinhorn liegt eines der größten Gebiete im westlichen Österreich, auf deren Gletschern das ganze Jahr Ski gefahren wird.

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