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Kultur: Üben, üben, üben

Derzeit ist der Altersbaum der deutschen Kulturorchester noch eine ziemlich windschiefe Tanne: Linkerhand, wo die Statistik die männlichen Mitglieder verzeichnet, wachsen die Äste weit in den Himmel hinauf, rechterhand sind die Spitzen dagegen dünn und spirrelig. Rentnerinnen gibt es unter den ehemaligen Mitgliedern der Profiklangkörper kaum – denn bis vor wenigen Jahrzehnten waren die Herren in diesem Berufszweig weitgehend unter sich.

Derzeit ist der Altersbaum der deutschen Kulturorchester noch eine ziemlich windschiefe Tanne: Linkerhand, wo die Statistik die männlichen Mitglieder verzeichnet, wachsen die Äste weit in den Himmel hinauf, rechterhand sind die Spitzen dagegen dünn und spirrelig. Rentnerinnen gibt es unter den ehemaligen Mitgliedern der Profiklangkörper kaum – denn bis vor wenigen Jahrzehnten waren die Herren in diesem Berufszweig weitgehend unter sich. Als erste Frau bei den Berliner Philharmonikern erhielt 1982 die Geigerin Madeleine Carruzzo eine Festanstellung, bei den Wiener Philharmonikern musste gar das Jahr 1997 ins Land gehen, ehe sie ihren Männerbund aufbrachen und eine Harfenistin engagierten.

Weil die kleineren und weniger traditionsbewussten Ensembles da schneller waren, sitzen heute durchschnittlich rund 30 Prozent Frauen an den Notenpulten, wie die Deutsche Orchestervereinigung jetzt errechnet hat. Im Bereich der 25- bis 35-Jährigen stellen Frauen sogar mehr als die Hälfte der Belegschaft in den 131 Kulturorchestern der Bundesrepublik. Lediglich Blechbläser und Schlagwerker sind weiterhin maskulin dominiert. Ein Gehaltsgefälle wie in den meisten anderen Berufen existiert bei den Orchestern übrigens nicht: Bereits 1971 konnte die Gewerkschaft Unisexgehälter durchsetzen.

Ganz ohne Quotendiskussion haben sich die deutschen Orchester also piano, piano zu vorbildlichen Arbeitgebern entwickelt. Klingt gut – nur woran liegt’s? „Das hat wohl mit Fleiß zu tun“, mutmaßen die beiden Chefs der Orchestergewerkschaft. Mädchen übten konsequenter, zeigten sich auch unter den Bedingungen der Lehrstoffverdichtung in den verkürzten schulischen wie universitären Ausbildungen stressresistenter, kurz, seien einfach strenger mit sich selber. Und erobern sich daher immer öfter bei den Probespielen einen Stammplatz im Orchester. In wenigen Jahren dürfte sich die Deformation des Altersbaums also ausgewachsen haben. Dann prangt die Tanne mit starken, gleichmäßig gewachsenen Ästen auf beiden Seiten.

Frederik Hanssen über Frauen[die die erste Geige spielen]

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