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Ein Ausschnitt aus Kerstin Honeits Videoarbeit "Pigs in Progress".

© Kerstin Honeit, VG Bild-Kunst Bonn 2020

Uferhallen in Gesundbrunnen: Wieviel Kunst leistet sich Berlin?

Senat und Bezirk sitzen mit am Tisch - ob die Uferhallen Atelierstandort bleiben ist trotzdem unklar. Eine Ausstellung macht auf die schwierige Situation aufmerksam.

Auf dem Vorderhof des Uferhallen-Areals im Gesundbrunnen steht ein leerer, fünf Meter hoher Sockel. Er besteht aus zusammengezimmerten Holzlatten und ist mit einem weißen Netz umspannt. Dahinter, an einer großen Halle, ist ein rotes Banner befestigt. Darauf steht in weißer Blockschrift der Titel der Ausstellung, „Uferhallen-Manifest“.

Eine Ansage an die Stadt und die Investorengruppe Augustus Capital, die 2017 große Anteile der Uferhallen AG gekauft hat. Momentan zahlen die Atelierbesitzerinnen und Atelierbesitzer 5 Euro pro Quadratmeter für ihre Räume. Die alten Mietverträge liegen noch bei einem Quadratmeterpreis von 3,50 Euro. Die Miete könnte künftig stark steigen.

Rund 40 Kunstwerke sind über das 19 000 Quadratmeter große Areal verteilt und reflektieren über die prekäre Situation der gesamtstädtischen Kunst- und Kulturszene. Darunter auch der leere Sockel von Peter Klare.

„Dieses so leicht scheinende Objekt soll die Sockelbildung und das Verhältnis von Macht und Verantwortung in der Gesellschaft hinterfragen. Früher, wenn Leute Macht hatten, haben sie auch Verantwortung übernommen. Heute sind Leute einfach mächtig, können sich Boden und Immobilien kaufen, treten aber überhaupt nicht in Erscheinung. Deswegen bleibt der Sockel leer“, sagt Isabelle Meiffert. Zusammen mit Sarah Theilacker hat sie die Ausstellung kuratiert.

Blick auf die Uferhallen in Wedding.
Blick auf die Uferhallen in Wedding.

© Hansjörg Schneider

Dauertanzperformance

Am Eröffnungstag findet auf einer neben dem Sockel gelegenen Bühne die Performance „Der eilige Geist“ von Asta Gröting statt, eine der Künstlerinnen, die auf dem Areal angesiedelt ist. Ausgeführt wird die Performance von Florian Schlessmann. Er wird für drei Stunden durchgängig tanzen (Performance Sa 10. Oktober, 15 Uhr, Ausstellung Sa 10. Oktober 12-20 Uhr, mit Zeitfensterticket, Eintritt frei, danach bis 25. Oktober Do und Fr 16-20 Uhr und Sa und So 12-18, Uferstr. 8, Wedding).

Das „Uferhallen-Manifest“ ist als Rundgang angelegt. Erste Station ist der Sockel, danach geht es weiter in die knapp 3.000 Quadratmeter große Halle, in der unter anderem die Videoinstallation „Pigs in Progress“ von Kerstin Honeit zu sehen ist. Bis vor Kurzem war dort noch Adidas ansässig.

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Jetzt hängt von der Decke der Halle ein riesiger Echtpigmentdruck einer entwerteten Münze. Sie wurde von Wolfgang Ganter unter einem Mikroskop vergrößert. „Für ein Mikroskop ist so eine Münze wie ein Fußballfeld“, sagt Ganter.

1000 Fotos hat er von der Münze gemacht, die Bilder ineinander gerechnet und sie dann vergrößert. Die aus dem Geldkreislauf gezogene Münze hat er bei Ebay gekauft. „Sie ist angedacht, wie ein Memento Mori des Geldes. Denn Geld funktioniert nur, weil wir alle dran glauben und uns auf den Wert verständigt haben“, sagt Ganter.

Bleiben, aber zu welchem Preis

Er ist einer der 80 Künstler und Künstlerinnen, die in den Uferhallen Ateliers mieten. Seit dem Kauf durch Augustus Capital ist seine und die Zukunft der anderen ungewiss. Zu ihnen gehört auch der bildende Künstler Hansjörg Schneider, der seit zehn Jahren auf dem Gelände arbeitet. Er ist Mitglied des Vorstands des Vereins Uferhallen e.V.. Der Verein wurde vor einem Jahr als Interessenvertretung der Atelierbesitzer- und -besitzerinnen gegründet.

Am letzten Ausstellungstag, dem 25. Oktober, gibt es um 16 Uhr eine Infoveranstaltung mit dem Titel „Woher, wohin“. Wohin es mit dem Areal geht, kann Schneider nicht genau sagen. Noch ist nichts entschieden. „Wir verhandeln schon lange mit den neuen Eigentümern. Bei den Gesprächen sitzen der Berliner Senat und der Bezirk mit am Tisch. Es ist momentan eine ganz heiße Phase und ich denke, dass es Ende des Jahres ein Ergebnis geben könnte“, sagt Schneider.

Im Aufstellungsbeschluss für den noch aufzustellenden Bebauungsplan ist zumindest festgehalten, dass die Künstler und Künstlerinnen auf dem Gelände bleiben sollen. Aber es bleibt die Frage: wo genau und zu welchem Preis.

Masha Slawinski

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