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Kultur: Umgehängt

Was ist mit Heisigs Bild im Reichstag geschehen?

Es ist als Würdigung gedacht und ruft doch Verschwörungstheoretiker auf den Plan: Ende Oktober ließ die Bundestagsverwaltung Bernhard Heisigs monumentales Gemälde „Zeit und Leben“ aus der Cafeteria des Reichstagsgebäudes, wo es seit 1999 hing, in die Präsenzbibliothek im gleichen Haus umhängen. Ein Akt der Verbannung des ideologisch und ästhetisch umstrittenen Kunstwerks, wie mancher vermutete? Schließlich war Heisigs Beauftragung durch den Bundestag von einer nicht immer sachlichen Diskussion über seine Rolle im DDR- Kunstbetrieb begleitet gewesen. Und längst nicht jedem Abgeordneten dürfte das Panoramabild, das deutsche Geschichte aus dialektischer Sicht reflektiert, gefallen – Heisig ist, über seinen Tod hinaus, ein Politikum.

Allerdings war der 1925 in Breslau geborene und am 10. Juni dieses Jahres verstorbene Künstler selbst mit der Hängung seines Bildes in der Cafeteria unzufrieden. Er hatte das Reichstagsgebäude deshalb nie besucht. Wie Andreas Kaernbach, Leiter des Referats „Kunst im Deutschen Bundestag“ und Heisigs Berliner Galerist Rüdiger Küttner nun beteuern, entspreche die vom Kunstbeirat des Parlaments mitgetragene Umhängung also den persönlichen Intentionen Heisigs.

Am Eröffnungsabend der Heisig-Ausstellung im Kunstraum des Bundestags im Dezember 2010 wurde auch das Thema eines besseren Platzes für das Bild angesprochen. Der ist, findet Rüdiger Küttner, nun endlich gefunden: „Heisig ins Abseits zu hängen war niemals Wunsch und Absicht.“ Bleibt einzig die Bitte an unsere Volksvertreter, ihre Mittagspausen künftig in der Bibliothek zu verbringen. Michael Zajonz

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