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Skulptur zeigt Ex-König Juan Carlos beim Analverkehr mit einer Gewerkschafterin.

© dpa

Umstrittene Kunst: Das alte Rein-Rausspiel

König, Feministin und Hund. Ist provokante Kunst, wie die Skulptur in der Ausstellung "Die Bestie und der Souverän" sinnvoll? Ein Kommentar.

Die österreichische Künstlerin Ines Doujak hat eine Skulptur aus Pappmaché geformt, die folgendermaßen aussieht: ein alter Mann, eine alte Frau und ein Tier, das ein Hund sein könnte, knien hintereinander. Man könnte an die Bremer Stadtmusikanten denken. Manche denken lieber an Analverkehr. In Spanien erkennt man in der unteren Figur den ehemaligen König Juan Carlos. Das verleitete den Direktor des Museums für zeitgenössische Kunst in Barcelona (Macba) dazu, die Eröffnung der Gruppenschau, in der das Kunstwerk nun zu sehen ist, ad hoc abzusagen. Er entschuldigte sich kurze Zeit später für die Absage der Schau und eröffnete doch. „Das Macba war über alle Kunstwerke informiert, deshalb überraschte uns die Reaktion sehr“, sagt Iris Dressler vom Württembergischen Kunstverein, die die Schau zusammen mit dem Macba konzipierte. Nun solle man darüber diskutieren, was in den europäischen Kunstinstitutionen los sei, wenn es da zu Selbstzensur kommt.

Machsysteme in Unordnung - das provoziert

Offensichtlich sind vorschnelle Reflexe los. Es geht eben nicht nur um Analsex. Die Skulptur ist Teil einer vielgestaltigen Werkreihe zum Thema Herrschaftsstrukturen, Kolonialismus, Ausbeutung, an der Doujak seit Jahren arbeitet. Die Ausstellung trägt den Titel „Die Bestie und der Souverän“, so hieß auch eine Vorlesungsreihe des Soziologen Jacques Derrida, in der es um die Kopulation, die Liaison zwischen der Macht und dem Bösen geht. Nehmen wir trotzdem an, der Mann unten ähnelt Juan Carlos, die Frau einer bolivianischen Gewerkschafterin und des Tier einem deutschen Schäferhund, so wie es kolportiert wurde. Dann beachten Sie die Nationalitäten, die geopolitische Verteilung. Nehmen Sie die Anordnung der Geschlechter und Spezies zur Kenntnis. Unten der Mann, darauf die Frau, on Top das Tier. Und sie unterhalten sich nicht etwa. Sie haben Sex. Sie haben keinen normalen Sex. Sie haben Analsex. Sie sind nicht jung. Sie sind dick und alt. Der Hund ist ungepflegt. Hier stimmt gar nichts. Die Hierarchien sind in völliger Unordnung. Alle werden beleidigt, vor allem der Mann. Der Hund sowieso. Ja, und auch die Frau wird verunglimpft. Nun kommt sogar noch die Frage dazu: Welche furchteinflößenden Bestien ziehen im Hintergrund die Strippen in unseren Kunstinstitutionen? Wir sehen also: Kunst kann, auch wenn sie hässlich aussieht, sehr hilfreiche Fragen stellen. Im Herbst 2015 wird die Ausstellung in Stuttgart zu sehen sein.

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