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Tilman Jens kritisierte in seinem Buch „Vaters Vergessen“ die politische Demenz der Vätergeneration.

© dpa

Umstrittener Publizist: Tilman Jens stirbt im Alter von 65 Jahren

Jens schrieb über Helmut Kohl, die Odenwaldschule und verarbeitete einen Generationenkonflikt mit seinem Vater. Es gab aber auch Kritik an seiner Arbeit.

Der Publizist Tilman Jens ist tot. Er starb am vergangenen Mittwoch im Alter von 65 Jahren nach langer schwerer Krankheit, wie der Anwalt seiner Familie am Montag mitteilte. Jens wurde 1954 in Tübingen geboren und lebte viele Jahre in Frankfurt am Main. Er arbeitete als Journalist, Fernsehautor und Buchautor.

Gemeinsam mit seinem Kollegen und Freund Heribert Schwan veröffentlichte Jens 2014 das Buch „Vermächtnis - Die Kohl-Protokolle“. Das Werk über die Lebenserinnerungen Helmut Kohls brachte einen langen juristischen Streit mit sich. Als Fernsehautor arbeitete er regelmäßig für die ARD-Kultursendung „Titel, Thesen Temperamente“ des Hessischen Rundfunks.

Nach Angaben seines Verlags verfasste er über 100 Fernsehfeatures, ob ein Porträt des Dirigenten Kurt Masur, eine kritische Dokumentation über christlichen Fundamentalismus oder die umstrittene Scientology-Organisation, die sich selbst als Kirche bezeichnet und von ihren Kritikern als gefährliche Sekte angesehen wird.

Literarische Auseinandersetzung mit dem Vater

„Wie kaum ein anderer Kollege verstand es Tilman Jens, kulturpolitische Themen fernsehgerecht aufzubereiten. Besondere Bilder mit brillanter Sprache zu kombinieren, zeichnete ihn aus“, erklärte Schwan. Für ihn sei Jens „ein unbequemer Zeitgenosse, immer herausfordernd, aber mit viel Empathie. Bewundert habe ich seine charakterliche Geradlinigkeit und vor allem seine journalistische Leistungsfähigkeit und Qualität.“

Die Verlagsgruppe Random House in München, die seine Bücher veröffentlichte, erklärte am Montag: „Wir trauern um diesen umtriebigen Geist mit seinem wachen Bewusstsein für die Probleme unserer Zeit.“Jens besuchte die Odenwaldschule in Südhessen und studierte danach in Konstanz. Über das vom Missbrauchskandal erschütterte Internat schrieb er später das Buch „Freiwild“. Der Sohn des Intellektuellen Walter Jens und der Schriftstellerin Inge Jens setzte sich in zwei seiner Bücher auch mit seinem berühmten, an Demenz erkrankten Vater auseinander.

Aufsehen erregte Jens, als er in den 1980er Jahren als Mitarbeiter einer Illustrierten zum Tod des Schriftstellers Uwe Johnson recherchierte. Um an Briefe und Tagebücher des Verstorbenen zu kommen, drang er damals in dessen leerstehende Wohnung ein. Einen Fehler, den er bereute, wie er später schrieb: „Das war Einbruch. Das war Diebstahl. Das war kriminell...Ich wurde gefeuert, zu Recht...Ich habe einen kapitalen Fehler gemacht...den größten, vielfach bereuten, doch unzweifelhaft begangenen Fehler meines Lebens.“ (dpa)

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