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Der Gute. Der amerikanische Kriegsgefangene Louis (Jack O'Connell).

© Universal

"Unbroken": Kriegsfilm von Angelina Jolie: Gut, besser, Amerikaner

"Unbroken": Angelina Jolie inszeniert die Geschichte eines Sportlers und Fliegers im Zweiten Weltkrieg - und feiert den Patriotismus ungebrochen wie lange nicht mehr. Ein Durchhaltefilm gegen die Identitätskrise.

Promomäßig ist es zuletzt ja nicht so gut gelaufen für die Amerikaner. Edward Snowdens Heldenimage im Rest der Welt nervt nachhaltig, der jüngste CIA-Folterskandal war auch nicht gerade top fürs Image, und Guantánamo ist, trotz großen Präsidenten-Ehrenworts, immer noch heftig in Betrieb. Mäßig positiv geht da für Obama derzeit nur die historische Versöhnung mit Ultra-Intimfeind Kuba durch – aber hatte nicht sogar die ausgerechnet ein anderer Super-PR-Fuchs angeleiert, genannt Papst Franziskus?

Da kommt ein Film gerade recht, der die Ungebrochenheit des amerikanischen Selbstbewusstseins feiert, und das so ungebrochen wie lange nicht mehr. Pünktlich zu Weihnachten startete „Unbroken“ flächendeckend in den USA, und bis zur Stunde hat das für 65 Millionen Dollar hergestellte Ding an der Heimatfront bereits knapp 100 Millionen Dollar eingespielt. Regie? Angelina Jolie. Thema? US-Bomberpilot in japanischer Kriegsgefangenschaft 1943 bis 1945. Botschaft? „Halte durch, dann kommst du durch!“

Dieser Ermutigungsruf begleitet Louis Zamperini, den 1917 geborenen italienischsstämmigen Kalifornier und alleinigen Filmhelden, schon früh. Er befeuert seine Leichtathleten-Karriere bis zu Olympia 1936, wo er, im 5000-Meter-Lauf zwar medaillentechnisch abgeschlagen, durch eine furiose letzte Aufholrunde noch Achter wird. Er beflügelt ihn im Kugelhagel des Luftkriegs gegen die Japaner über dem Pazifik und verleiht ihm in brenzligsten Situationen unbeugsamen Optimismus. Und er klingt ihm auch dann noch in den Ohren, als ihm ein oberfieser japanischer Lagerkommandant folterlangsam, aber foltersicher, das letzte Lebenslichtlein ausblasen will.

Mit einiger Schwerfälligkeit geht „Unbroken“, basierend auf der von Laura Hillebrand verfassten Biografie des im vergangenen Sommer 97-jährig verstorbenen Zamperini, auf die eigene 137-Minuten-Langstrecke. Zunächst gibt’s sonnige Jugendmomente im Familienkreis, wobei in der Synchronfassung mitunter köstlich teutonisches Oh-Sohle-Mio-Italienisch erklingt. Durchaus spannend dann nach dem Bomber-Abschuss der 47-Tage-Zweifrontenkrieg im Schlauchboot gegen attackierende japanische Flugzeuge und aus den Meerestiefen heranjagende Haie. Dann aber – die Hälfte des opulent inszenierten, dialogisch hingegen nahezu nullwertigen Leinwandgeschehens ist kaum erreicht – wird’s richtig ernst.

Der Böse. Lagerkommandant Watanabe (Miyavi).
Der Böse. Lagerkommandant Watanabe (Miyavi).

© Universal

Tatsächlich reduziert Jolie die Handlung fortan auf eine einzig relevante Konfrontation: hier der aus unerfindlichen Gründen als Peinigungsopfer auserkorene Louis (Jack O’Connell leiht dem dramaturgisch blass bleibenden Pappkameraden tapfer Gesicht und Körper), dort der niederträchtige japanische Gefangenenquäler Watanabe (Miyavi), unermüdlich dauerbissig wie, sagen wir, ein Mensch gewordener Hai. Watanabe prügelt ihn brutal, zwingt die amerikanischen Mitgefangenen Mann für Mann, Louis mit der Faust ins Gesicht zu schlagen, lässt ihn einen schweren Balken heben, um ihm im Falle des Fallenlassens die sofortige Erschießung anzukündigen – und stets besichtigt die Kamera die Qualen des niemals aufbegehrenden Schmerzensmannes in geradezu genüsslicher Genauigkeit.

„Halte durch, dann kommst du durch“: Tatsächlich ist „Unbroken“ ein Durchhaltefilm im Wortsinn, nur gegen welchen Feind? Welcher Gewinn lässt sich aus einem Film ziehen, der sogar im Abspann penibel darauf hinweist, dass der japanische Folterer von den Amerikanern nicht zur Rechenschaft gezogen wurde und darüber hinaus Zamperonis spätere Versöhnungsgeste brüsk zurückwies? Lässt sich Propaganda für amerikanische Tugenden nur noch machen, indem man sie mit äußerst vereinfachten filmischen Mitteln dem Sadismus eines asiatischen Untermenschen gegenüberstellt, der sich als Übermensch geriert?

Als Angelina Jolie 2012 auf der Berlinale ihren Regie-Erstling „In the Land of Blood of Honey“ vorstellte, da erarbeitete sie sich zumindest einen Achtungserfolg. Damals ging es – aus streng weiblicher Perspektive – um die gescheiterte Liebe zwischen einer Bosnierin und einem Serben vor dem Hintergrund des schrecklichen europäischen Kriegs der Neunziger Jahre, um ethnische Säuberungen, um Massenvergewaltigung. Einem noblen Anprangerungsreflex folgend, stocherte die Regisseurin in einer frischen historischen Wunde. Diesmal preist sie – die Oscars im Blick – ausschließlich den amerikanischen Patriotismus, allerdings nachgerade ahistorisch. Die Folterer, das sind bloß die anderen. Und der Krieg gegen Japan ging nicht etwa durch den Abwurf zweier amerikanischer Atombomben, sondern irgendwie einfach so zu Ende.

Vielleicht sollte man derlei politische Arglosigkeit, gepaart mit hohem Ehrgeiz und noch beträchtlicheren Geldmitteln (Angelina Jolie fungiert auch als Produzentin), denn doch eher heiter sehen. Wie gut also, dass Japan nicht das Nordkorea unserer Tage ist, sondern ein demokratischer Staat unter demokratischen Staaten! Folglich geht „Unbroken“ derzeit – okay, Japan ist noch nicht dabei – weltweit unbehelligt an den Start. Keine Hacker-Attacken gegen Studio oder Verleih, zu schweigen vom aktuellen Terror gegen unliebsame Meinungsäußerungen und Kulturprodukte. Ganz einfach: Ein schlechter Film kommt ins Kino. Wer ihn mag, soll ihn mögen. Und wer ihn schlecht findet, sagt’s oder schreibt’s. Und gut ist.

"Unbroken" kommt am Donnerstag, 15. Januar, ins Kino.

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