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Kultur: Und täglich grüßt der Höhlenmensch

Machos und Mäuse: Richard Maxwells „Caveman“ aus New York gastiert in Berlin

Von Sandra Luzina

Ein Billig-Bungalow mit aufgerissenen Wänden, aus denen das Dämmmaterial quillt. Das Summen der Mikrowelle täuscht ein Zuhause vor. An diesem jämmerlichen Ort gedeiht kein menschliches Zusammenleben. Mit „Caveman“, zu sehen im neu eröffneten Theater am Halleschen Ufer HAU 2, setzt der New Yorker Autor und Regisseur Richard Maxwell seinen Abgesang auf Amerika und die westliche Zivilisation fort.

Tief in der amerikanischen Provinz hat er einen verknöchert reaktionären Menschenschlag entdeckt. Der Mann C (Lakpa Bhutia) trägt Cowboyhut und die Hände an den Hüften, ein Kleinbulle, der sich auf aggressives Schweigen und gelegentliches Blöken verlegt. Wenn er mal was sagt, dann mit asiatischem Akzent. Soviel zur Verfremdung. Seine Ehefrau mit rosa Kittel und Mäuseblick (Tory Vazquez) hat offenbar schon unzählige Male die Plastikfolie vom Fertiggericht entfernt. Von aufdringlicher Unauffälligkeit ist der Mann A: bad acting und schlecht sitzende Jeans - Jim Flechter bringt Maxwells Anti-Ästhetik auf den Punkt.

Manchmal fangen die Protagonisten zu singen an - live begleitet von einer kleinen Country-Band. Schlichte Songs von der Liebe, die als Gefühlssurrogat herhalten müssen - auch sie stammen von Maxwell, sind genial trivial. Maxwell betreibt gnadenlose Reduktion: Die Akteure demonstrieren eine beängstigende Ausdruckslosigkeit. Steif oder schlaff die Körper, stumm die Gesichter. Die Männer sitzen sich auf Hockern gegenüber, rauchen und trinken Bier. Spechen über Frauen. Die Frau bringt aufgewärmtes Essen und den Aschenbecher. Es bleibt bei „Yeah“. Oder „Okay.“ Höchstens mal Geplänkel.

Zwei Männer und eine Frau - diese Konstellation lässt nur eines zu: Der eine versucht dem anderen das Weib auszuspannen. So will es die Steinzeit-Logik. Es folgt der lächerliche Versuch eines Frauenraubs und ein lascher Kampf von Mann zu Mann. Wenn alle am Boden liegen, singen sie wieder. Männer sind Neandertaler. Maxwells „Caveman“ ist da unversöhnlicher als der gleichnamige Broadway-Erfolg von Rob Becker (in Berlin in der Arena zu sehen) mit seinem Jäger-und Sammler-Latein. Der Galerie der stupid white men hat Maxwell einige besonders klägliche Exemplare hinzugefügt. Ohne Saft und Kraft – doch ein paar Reflexe funktionieren noch.

Maxwell erweist sich erneut als Meister der Kunstlosigkeit, der Lakonie. „Caveman“ ist von bestürzender Banalität. Und täglich grüßt der Höhlenmensch.

HAU 2, Theater am Halleschen Ufer, bis 8.11. Am 8. außerdem Konzert um 22 Uhr

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