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Kultur: Unerhört!

Das „Saxofourte“-Quartett im Berliner Kammermusiksaal

Trotz einiger großartiger Solokonzerte von Ibert, Glasunow oder Erdmann assoziieren die meisten Menschen mit dem Saxophon immer noch eher U-Musik und Jazz als Klassik. An dieser Unterscheidung lassen die vier smarten Herren aus Ulm, die sich zu dem Quartett „Saxofourte“ zusammengefunden haben, erhebliche Zweifel aufkommen: Da gibt’s im Kammermusiksaal der Philharmonie zum einen die – auf den ersten Blick skurril wirkende – Verbindung von Bachs Präludium und Fuge in H-Dur mit neuzeitlichen Klangfarben, die in dieser Version gleichwohl fast wie eine uralte Türmermusik klingt. Die Bachsche Polyphonien scheinen dem Saxophon besonders entgegenzukommen: Während sie in vielenanderen Besetzungen oft zum „Einheitsbrei“ verschmelzen, erlaubt die Saxophonbesetzung das Verfolgen jeder Stimme in größter Klarheit. In der „Badinerie“ aus der h-moll-Suite erweist sich zudem erneut die „swinghaftigkeit“ Bachscher Kompositionen: Man muß sie nur herauszulesen verstehen! Aber es gibt an diesem Abend eben nicht nur cross-over, sondern sogar ein eigens für Saxophone komponiertes Quartett des belgischen Komponisten Jean Baptiste Singelé (1812-1875), ein entzückendes, hochromantisches Werk, dem man anmerkt, dass seinem Schöpfer Carl Maria von Weber nicht fremd war.

Während Thomas Sälzle, Dieter Kraus, Guntram Bumiller und Ralf Ritscher das Publikum am Mittwochbei ihrem „Debüt im Deutschlandradio“ mit ganzen Kaskaden musikalischer Kleinodien von Bach bis Bernstein, von Glass bis Gershwin überschütten, ragen in virtuoser Hinsicht einige Stücke ganz besonders hervor: Michael Nymans „Aggressive“ und „From here to there“, die vom Quartett nicht nur akustisch, sondern auch szenisch interpretiert werden. Spätestens mit Luis Bordas „Milonguera“ ist der Übergang von der E-Musik zum Jazz vollzogen. Astor Piazzollas „Libertango“ bildet schließlich den beifallumrauschten Abschluss eines Saxophonsalons vom Allerfeinsten. Friedemann Kluge

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