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Unisono. Valery Gergiev (r.) und Musiker des Mariinski-Theaters in Palmyra.

© Reuters

Valery Gergiev in Palmyra: Spiel mir das Lied vom Tod

Damit auch niemand vergisst, wer Palmyra befreit hat: Über Valery Gergievs Propaganda-Auftritt in Syrien mit Musikern des Mariinski-Theaters.

Nein, die Musik ist nicht neutral. Sie ist manchmal eine Waffe, auch Bach und Prokofjew taugen zur Propaganda: Valery Gergiev, Chefdirigent der Münchner Philharmoniker, Intendant des St. Petersburger Mariinski-Theaters und erklärter Putin-Freund, hat am Donnerstag mit Mariinski-Musikern ein Konzert in den Ruinen von Palmyra gegeben, unter anderem mit Bach und Prokofjew. Im Publikum saßen syrische und russische Soldaten, die dort jetzt Minen wegräumen. „Eine wunderbare humanitäre Aktion“ nannte Russlands Präsident Putin den Auftritt im Amphitheater.

Vor allem ist es eine klare politische Aktion. Die antike syrische Welterbestätte war zu großen Teilen vom IS zerstört und kürzlich von den syrischen Regierungstruppen zurückerobert worden, unterstützt vom russischen Militär. Eine zynische Aktion ist es auch: Während Putin sich mit seiner humanitären Botschaft aus Sotschi meldete, wurden ebenfalls am Donnerstag mindestens 28 Menschen bei einem Luftangriff auf ein Flüchtlingslager nahe der syrisch-türkischen Grenze getötet, darunter auch Kinder. Den Angriff flogen wohl die Syrer. Assad versprach einmal mehr den „finalen Sieg“ und bedankte sich per Telegramm für Putins militärische Unterstützung. Im russischen Staatsfernsehen wurden die Konzertbilder mit Szenen aus Militäroperationen gegengeschnitten, so meldet es die BBC.

Sergej Roldugin trat als Solo-Cellist auf. Er ist in die Panama-Papers verwickelt.

Gergiev kann es nicht lassen. Das Konzert sei ein Protest gegen Barbarei, gab der Maestro zu Protokoll, der vor seinem Amtsantritt in München 2015 für Verärgerung gesorgt hatte, weil er sich für Putins aggressive Krim- und Ukraine-Politik aussprach und Verständnis für dessen homosexuellenfeindlichen Kurs äußerte. Den Job bei den Philharmonikern trat er nach Krisengesprächen trotzdem an. Er sei in erster Linie Musiker, „aber auch Russe und seiner Heimat eng verbunden“.

Die Heimatverbundenheit ist offenbar so groß, dass in Palmyra auch Sergej Roldugin als Solo-Cellist auftrat, einer der allerengsten Putin-Vertrauten. Roldugins Name tauchte kürzlich in den „Panama Papers“ auf, denen zufolge zwei Milliarden Dollar über dessen Offshore-Imperien geschleust wurden. Nun spielte er ein Werk des von Putin mit dem Vaterlandsorden ausgezeichneten Rodin Schtschedrin – alles im Namen des Friedens.

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