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Kultur: Van Morrison

Diese Woche auf Platz 50 mit: „Pay The Devil“

Da steht es vor ihm: das erste Glas, von dem er weiß, dass es „die Tränen verstecken und die Ängste ertränken“ wird. Und natürlich, aber ja: „It’s My First One Today“. Van Morrison weiß um die dunklen Gegenden der Seele. Und die halb selbstironisch sich entlarvende, halb resignierte Haltung des Trinkers in Webb Pierces Country-Song „There Stands The Glass“ scheint er aus persönlicher Erfahrung zu kennen, er schüttelt sie so locker aus dem Ärmel, dass man annehmen könnte, es gehe um sein eigenes Leben. Der erste Drink, der erste Song, sie laufen geschmeidig runter. Keine Angst, der Nachschub wird nicht unterbrochen.

Van Morrison wird gern als „Cowboy aus Belfast“ apostrophiert. 1966 verließ der 21-Jährige seine damals recht erfolgreiche Band Them, die fortan nur noch ein Fall fürs Rocklexikon war. Er hat seither zeitweise in den USA gelebt und mit diversen Country-Größen Bühne und Studio geteilt. Nun singt er unter anderem „Your Cheatin’ Heart“ von Hank Williams. Slide-Gitarren und Fiddles haben eine bodenständig dunkelbraune Farbe wie Whiskey aus Tennessee. Aber den inneren Cowboy hat Morrison mal wieder nur mit der Seele gesucht. „Pay The Devil“ klingt nach Nashville, aber jede einzelne Note wurde in Irland aufgenommen.

Morrison hat im Lauf von vier Jahrzehnten einiges veröffentlicht, was man bedenkenlos vergessen kann. Ein neues Album lässt er wie im Vorbeigehen abtropfen. Doch der Eindruck täuscht. Es geht um die großen Themen des Country: Liebe, Sucht, Verzweiflung. Das Programm der broken dreams. Traurige Cowboys aller Länder, hier seid ihr richtig. Van Morrison ist der Mann, der eure Schmerzen kennt.

Ralph Geisenhanslüke

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