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Kultur: Venusreise

Simon Starling bei Neugerriemschneider.

Seine Geschichten sind stets vielschichtig, konzeptionell und tief in der Historie verankert. Auch der neue Film von Simon Starling, „Black Drop“ (2012, Preis auf Anfrage), zeigt die gewohnte Erzählstruktur: Vermischung von Zeit- und Raumebenen. Geschichten, die sich ergänzen. Aufnahmen, jede für sich ein kleines Kunstwerk. „Black Drop“ wurde vor einigen Wochen fertiggestellt. In der Ausstellung der Galerie Neugerriemschneider ist die Video-Narration erstmalig zu sehen.

Für die Aufnahmen reiste der Künstler nach Haiti und Hawaii, um die Überlappung von Venus und Sonne zu beobachten. Entstanden ist ein fast halbstündiger Film, der den Zuschauer nicht nur auf eine exotische Reise in die Astrophysik mitnimmt, sondern auch historische und neue Bilder miteinander verwebt. Der sogenannte Venustransit, der in gut 250 Jahren nur viermal stattfindet, konnte 1874 erstmals mit einer von dem französischen Astronom Jules Janssen entwickelten Technik fotografiert werden. Davon fasziniert, dokumentierte auch Starling den Transit, filmte aber ebenfalls die aufwendige Arbeit des Schnittmeisters, der die von Starling produzierten Bilder zusammengebracht hat. Von Surren begleitet sitzt der Schnittmeister an seinem Schneidetisch und trennt in Kleinstarbeit die einzelnen Diapositive. Zu sehen nur seine Hände, altmodisch anmutende Maschinen und Bilder mit einem weißen Fleck: dem Venustransit.

Bei Neugerriemschneider trifft der Schnittmeister von Black Drop auf den Schnitzmeister von Hiroshima. Die Video-Narration „Project for a Masquerade (Hiroshima)“ von 2010 verschränkt zwei Erzählungen: eine alte japanische Geschichte und eine Legende um Henry Moores Skulptur „Nuclear Energy“. Verwoben werden die beiden ebenfalls mit Impressionen arbeitender Hände. Dieses Mal gehören sie einem Meister, der Holzmasken für das traditionelle japanische Theater fertigt. In der Galerie sind Starlings Videos jeweils in Relation zu einer Skulptur zu sehen. Für den Film über den japanischen Schnitzmeister hat er zwei hölzerne Masken anfertigen lassen, die sich gegenseitig zu beobachteten scheinen. In Referenz zu „Black Drop 2“ ist die Skulptur „Venus Mirrors (05/06/2012, Hawaii & Tahiti Inverted)“ zu sehen. Die Arbeit besteht aus zwei Teleskopspiegeln und zeigt jenen Transit, den der Künstler im Juni 2012 festgehalten hat. Der Betrachter kann selbst zum Transit-Beobachter werden und das Vorbeiziehen der Venus nachempfinden. Lena de Boer

Galerie Neugerriemschneider, Linienstr. 155; bis 20.10., Di–Sa 11–18 Uhr

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