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Kultur: Verdrahtet

Experimente und Salon-Flair: die Preview

Vom Marshall-Haus aus führt der Blick über den Sommergarten auf die Messehallen am Funkturm. Andreas Koch schickt mit seinem C-Print (4500 Euro) einen letzten Gruß ans Art Forum – zu sehen auf der Preview am Stand von Loop. Dessen Inhaber Rüdiger Lange kann es sich denn auch nicht verkneifen, noch einmal auf die vertrackte Situation nach der Absage der Hauptmesse hinzuweisen. Die Akquise sei in diesem Jahr viel schwieriger gewesen, gestehen auch die Preview-Direktoren Kristian Jarmuschek und Ralf Schmitt. Doch der Einsatz hat sich gelohnt: Die Preview überzeugt mit Qualität und klarem Konzept.

Nun mag die klassische Reihung identisch großer Kojen gerade für junge, aufstrebende Kunst etwas konservativ erscheinen; doch steigert sie eindeutig die Konzentration. Gerade stillere Positionen wie die Malerei Lilla von Puttkamers bei MünsterArt, Daniel Behrendt bei Leuenroth (Frankfurt) oder Róbert Borsos Filzbilder bei Molnar aus Budapest finden so gebührend Aufmerksamkeit. Am Gemeinschaftsstand von Patrick Heide (London) und Martin Mertens (Berlin/München) beeindruckt Katja Pfeiffer mit Holzobjekten nach vom Erdbeben in L’Aquila zerrütteten Renaissance-Gebäuden, die zwischen den Cuttings von Gordon Matta-Clark und konkreter Kunst eine sehr eigene Sprache finden (um 4500 Euro).

Erfreulich auch, dass nicht wenige der insgesamt 62 Galerien und Projekträume Fantasie bei der Kojengestaltung beweisen. So präsentieren sich Widmer + Theodoridis (Zürich) in eleganter Salonatmosphäre, während der Künstler Semjon mit einer architektonischen Ausstellungskomposition nun auch als Galerist reüssiert. Seine Künstlerlaufbahn an den Nagel gehängt hat auch Ulrich Horstmann, der mit seiner Galerie Umtrieb mittlerweile Studenten und Alumni der Muthesius Kunsthochschule Kiel aufbaut und Vorlesungen zum Berufsbild Künstler hält. Da lag die Einladung zum Preview-Schwerpunkt „Focus Academy“ nahe, der in diesem Jahr Entdeckungen bietet. Einfach hinreißend die Bilanz der Seminare von Ralf Schmitt an der Kunstakademie Nürnberg. Am seinem Stand MyVist.to gibt es für 99 Euro Michael Dietlingers „Auraakkumulator“, und Christian Weiß vermittelt Kunst als Wurfsendung in Briefkästen oder Vorgärten – begleitet von einem Bekennerschreiben mit Kontaktadresse. Sein Kunststudium will der Galerist ohne Räume erst einmal beenden. Aber als Modell für die Kunstvermittlung ist das so zukunftsträchtig wie die Nachwuchs- und Vernetzungsarbeit, mit der die Preview einmal mehr ihr Profil schärft. Was bleibt, ist eine tiefe Lücke für das etablierte Mittelfeld. Das kann sich einstweilen mit Kochs Art-Forum-Reminiszenz trösten. Michaela Nolte

Preview, Flughafen Tempelhof, Columbiadamm 10; bis So 13–20 Uhr, Eintritt: 10 €.

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