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Kultur: Vergeßt Wagner!

Beinahe wäre Weimar nicht nur zur Goethe-Pilgerstätte, sondern auch zum Wagner-Allerheiligsten avanciert - hätte die großherzögliche Schatulle für ein nibelungentaugliches Festspielhaus ausgereicht.Trotzdem zollte man Wagner Tribut in Weimar und hielt dort am 22.

Beinahe wäre Weimar nicht nur zur Goethe-Pilgerstätte, sondern auch zum Wagner-Allerheiligsten avanciert - hätte die großherzögliche Schatulle für ein nibelungentaugliches Festspielhaus ausgereicht.Trotzdem zollte man Wagner Tribut in Weimar und hielt dort am 22.Mai 1883 eine Erinnerungsfeier für den verstorbenen Komponisten ab.Die spielte das Originalorchester nun in der Konzerthaus-Reihe "Verklungene Fest" nach.Es sollte ein All-Wagner-Abend werden, der das leuchtende Bild vom klanggewaltigen Ekstatiker mit schleppendem Bogen demontierte.Schon im Vorspiel zu "Lohengrin" reichen die Streicher nicht über eine rein physische Erzeugung von Schallwellen hinaus: Kein transzendenter Glanz liegt über der Schelde, durch deren matte Fluten auch garantiert kein Gralsritter anreist.Gut, kann man da noch sagen, George Alexander Albrecht, Generalmusikdirektor der Staatskapelle Weimar, ist kein Mann der mythischen Verklärung und des donnernden Pathos.Aber auch der musikalische Reichtum von Wagners Musik interessiert ihn wenig: Den Tristan-Akkord winkt er vorbei und läßt sich vom einmal gefundenen Tempo nicht mehr abbringen, wenn es auch noch so schleppt.Der Walkürenritt ist nur müde Schimäre, in der erschreckte Trompeter zum Mitspielen animiert werden müssen.Sicher, auch das ist ein Inferno - nur nicht das, was Wagner vorschwebte.Zur Entspannung vermurmelt die Staatskapelle Weimar das Siegfried-Idyll.Auch die mitgebrachten Gesangssolisten klingen traurig.Es war ja auch ein melancholischer Abend, damals, im Mai 1883.Wagner war tot.Die aktuelle Nachricht der Kulturstadt Weimar lautet: Vergeßt ihn!

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