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Kultur: Verrannt

Bei der Berliner Liste stellen Künstler selber aus

Im vergangenen Jahr setzte die Berliner Liste zum ersten Mal auf eine Mischung aus Galerien und Projekträumen. Dabei ist sie auch bei ihrer achten Ausgabe im Trafo, dem ehemaligen Heizkraftwerk in der Köpenicker Straße, geblieben. In mehr als der Hälfte der eng an eng stehenden White Cubes präsentieren sich die Künstler selbst. Vielleicht sollte man das Konzept fürs nächste Jahr noch einmal überdenken. Das Niveau ist sehr unterschiedlich, die Rosinen muss man suchen – und fündig wird man dann doch wieder bei den Ständen der Galeristen.

Mit Thomas Gänszler und Borjana Ventzislavova gibt es beim Wiener Kunstraum Bäckerstraße 4 viel versprechenden Nachwuchs aus Österreich zu entdecken. Gänszler, Schüler von Erwin Wurm, lotet auf kleinem Format die Wirkung von feinen Sprühlack-Lagen aus. Sinnesgetäuscht denkt man an verschwommene, fast monochrome Fotografien, tatsächlich handelt es sich um abstrakte Malerei (800 Euro). Die gebürtige Bulgarin Borjana Ventzislavova setzt sich in ihrer Fotoserie und einem Video mit Migration auseinander (10 000 Euro).

Die türkische Künstlerin Burcak Bingöl (CDA Projects) persifliert mit ihrer Überwachungskamera aus Keramik und floralem Dekor subtil unser Sicherheitsempfinden und die Kontrollmethoden der Gesellschaft (6000 Euro). Die Mohsen Gallery aus Teheran wartete am Eröffnungsabend zwar mit weißen Wänden auf, weil sich die Einfuhr der Werke nach Deutschland verzögert hatte, überzeugt aber mit einem ambitionierten Programm junger, politischer Kunst und verschiedenen Medien, von Malerei bis zu Foto-Installation.

Ansonsten überwiegen bei der Berliner Liste vor allem Malerei und Fotografie von unterschiedlichem Niveau. Installationen sind selten. Überzeugend ist ein großformatiges Frauenporträt, der tschechischen Künstlerin Jitka Mikulicova, die alte Fotografien mit einer Mischtechnik aus Spachteln und Pinseln in Malerei überträgt (5600 Euro). Vertreten wird sie von der Galerie Laboratorio, die erst vor vier Monaten in Prag eröffnete.

Große Namen im Gepäck hat allein Aloys Wilmsen, der Grafiken von Hermann Nitsch, Emil Schumacher, Günther Uecker und Jannis Kounellis ausstellt – hergestellt wurden sie alle in der Kunstdruckerei von Har-El in Tel Aviv (4000-9900 Euro, Auflage: 20–30).

Internationaler denn je sei die achte Ausgabe der Berliner Liste, sagen die Veranstalter. 125 Aussteller aus mehr als 25 Ländern präsentieren sich in der kolossalen Industriehalle. Sie kommen aus Israel, Iran, China, USA, Belgien oder der Türkei. Und sie setzen Akzente, wo etablierte deutsche Galerien aus dem mittleren Segment fehlen. Anna Pataczek

Berliner Liste, Köpenicker Str. 70; bis 11.9., Sa 13-21 Uhr, So 13-19 Uhr, Ticket: 13 €.

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