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Videofestival: Glühe, Birne!

Auf dem Videofestival „Transitland“ im Centrum Hungaricum in Berlin ist ost- und mitteleuropäische Videokunst aus den vergangenen 20 Jahren zu sehen.

Video, das ist das Medium, mit dem sich nach 1989 die Veränderungen in Osteuropa künstlerisch schnell dokumentieren ließen – fernab konservativer Akademien, notfalls ohne Atelier, unterwegs in den Wirren der Kriege und auf den Pendelfahrten der Künstler zwischen ihrer Heimat und westlichen Kunstzentren. Brillante Arbeiten sind so entstanden, etwa Anri Salas „Intervista“ (1998), in dem der Künstler aus Tirana seine Mutter zu ihrer kommunistischen Vergangenheit befragt. Oder Adrian Pacis „Turn on“ (2004), das Tagelöhner auf den dunklen Treppen eines Platzes im albanischen Shkoder zeigt – in ihren Händen leuchtende Glühbirnen, gespeist von brummenden Generatoren.

Unter dem Titel „transitland“ hat das Budapester Ludwig-Museum nun einen Kanon ost- und mitteleuropäischer Videokunst der vergangenen 20 Jahre zusammengetragen. Gemeinsam mit der Transmediale Berlin und dem Medienkunstraum InterSpace in Sofia bat es 50 Experten um Vorschläge, aus denen eine Jury 100 Beiträge auswählte. Einige Kapitel des Kanons präsentierten nun die transmediale und das Collegium Hungaricum (CHB) in Berlin. Das CHB zeigte neben Sala und Paci auch weniger bekannte Videos, etwa Sophia Tabatadzes „Self Interview as Eastern and Western Europe“, eine Parodie auf Fragen einer holländischen Reisegruppe zum Osten. Oder Mare Trallas anekdotische Skizze „Feltboots“ über Russen und Amerikaner.

Über jeden Kanon lässt sich streiten. Genauso wichtig wie die Videos waren daher die Podiumsgespräche mit Künstlern wie Gusztáv Hámos und Hajnal Nemeth, dem Theoretiker Boris Buden und Dunja Blazevic aus Sarajevo. Sie diskutierten die Arbeitsbedingungen sowie die Folgen der rumänischen Revolution und der Kriege im ehemaligen Jugoslawien für die Kunst. In der familiären Atmosphäre stellte sich schnell heraus, dass viele Teilnehmer die Kunstwelt nicht so international erleben, wie diese sich selber sieht: Noch immer, so die Kritik, gelte Kunst aus Osteuropa als das „Andere“, die Kunst des Westens dagegen als Maßstab. Vielleicht ändert „transitland“ daran ein wenig. Die Veranstalter haben einen langen Atem. Ein Buch zum Festival dokumentiert die Beiträge. Ein Großteil der Videos ist im Internet zu sehen. (www.transitland.eu) Claudia Wahjudi

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