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Kultur: Viel Lärm um nichts?

Wer sich im frühlingshaften London auf einen Streifzug durch die Modeszene macht, kommt schnell zu einer ersten Zwischenbilanz: Die Marke "Cool Britannia", die Premier Tony Blair seiner Nation vor zwei Jahren auf den Leib schneidern wollte, ist der Textilindustrie eindeutig zu groß.Die renommierten Designer klagen - wenn sie nicht schon ausgewandert sind wie Vivienne Westwood nach Paris.

Wer sich im frühlingshaften London auf einen Streifzug durch die Modeszene macht, kommt schnell zu einer ersten Zwischenbilanz: Die Marke "Cool Britannia", die Premier Tony Blair seiner Nation vor zwei Jahren auf den Leib schneidern wollte, ist der Textilindustrie eindeutig zu groß.Die renommierten Designer klagen - wenn sie nicht schon ausgewandert sind wie Vivienne Westwood nach Paris.Die jährlich 500 bis 600 Modedesign-Absolventen finden im Ausland ihre Jobs - eine deutliche Reaktion auf die Tatsache, daß die britische Textilbranche noch keine eigenständige Industrie aufgebaut hat.

Julien MacDonald rechnet für jede Show in New York mit einem viermal so hohen Umsatz wie in London, wo anstelle der Einkäufer vor allem Stars die vorderen Reihen besetzen.Hussein Chalayan bemängelt die schwindende Attraktivität der London Fashion Week, die inzwischen viele als Schaumschlägerei um die Verteidigung des "Cool Britannia"-Titels sehen - und gibt der mangelhaften Organisation des British Fashion Council die Schuld.Und schließlich sind da noch die Gerüchte um Alexander McQueen.Der Star der Londoner Szene überlege einen Umzug nach New York, heißt es.

Die Presse stürzt sich natürlich auf die Gerüchte um McQueen und prognostiziert sofort eine düstere Zukunft", sagt Merryn Leslie, persönliche Assistentin des Herausgebers des Trendmagazins i-D.

Merryn ist Mitte zwanzig und eine gute Informationsquelle für Londoner Tendenzen."Versteift euch im Ausland nicht zu sehr auf McQueen.Es gibt auch noch andere Namen." Anthony Symonds nennt sie, Shelley Fox oder, ganz wichtig, Robert Carey Williams.Daß dieser Nachwuchs auch heranwächst, dafür sorgt eine vitale Infrastruktur: renommierte Schulen, Fotografen, engagierte Modemagazine und nicht zuletzt eigenwillige Läden.

"Pineal eye" ist so ein kleines Geschäft in Broadwick Street in Soho, bei dessen Besuch man garantiert etwas mitnimmt - wenn auch nicht unbedingt Kleider.Vom Obergeschoß, das wechselnden Ausstellungen vorbehalten ist, hängen Schaufensterpuppen ins untere Stockwerk und verbinden den Ausstellungs- mit dem Verkaufsraum.Der junge Japaner Yoku Yabiku und seine Mitarbeiterin Nicola Formichetti sind weltweit orientiert.Sie bieten jungen, graduierten Modedesignern einen Ausstellungsraum, auch für wenige Stücke.Präsentieren Kreationen von europäischen Jungdesignern wie Bless, Erik Halley, Martin Margiela und Viktor & Rolf.Bieten gleichzeitig Secondhand-Ware von Yohji Yamamoto oder, natürlich, Vivienne Westwood an.Und vervollständigen ihre Kollektion durch ausgefallene Modezeitschriften: Dazed & Confused, Alice, Sleazation,It, alles Förderer junger Designer.Ähnliche Projekte sind das nahegelegene "Kokon to Zai" in Soho oder "Root" und "House of Minky" in Brick Lane im Eastend.

London fehlt die notwendige Industrie, um seine Stars zu halten.Was die Medien angeht, besitzt es jedoch eine der weltbesten Infrastrukturen.Und Alexander McQueen ist auch noch da, zumindest jetzt noch.Will man seiner Pressereferentin glauben, so wird er auch in London bleiben.Alles nur Gerücht?

NINA PETERS

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