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Kultur: Viele Wege

Tonangebend seit 60 Jahren: der RIAS Kammerchor

Die Einspielung der h-Moll-Messe von Johann Sebastian Bach durch den RIAS- Kammerchor war 1965 ein Paukenschlag – eine der bestverkauften Platten in der Geschichte des Senders. Mit eben diesem Werk beging der Chor nun sein 60. Gründungsjubiläum in der Philharmonie: um die geschichtliche Kontinuität des Chores zu unterstreichen.

Interessant dabei, dass die Aufführung selbst eher in Erinnerung rief, wie heterogen seine Geschichte auch in jüngerer Zeit noch ist. Chefdirigent Hans-Christoph Rademann hat als gebürtiger Sachse eine Erstberührung mit Bach erfahren, die sicherlich von jener des Frontstadtsender-Chors so weit entfernt ist wie Friedrich Schorlemmer von Rudi Dutschke. Und Rademann dirigiert am Sonntag durchaus „seinen“ Bach – historisch informiert, detailgenau in der Phrasierung, Textausdeutung und klangliche Balance kontrollierend, doch auch mit einer sehr emotionalen Prise protestantischer Ehrfurcht. Darin folgt ihm manchmal mehr das Orchester, die Akademie für Alte Musik Berlin, als der Chor selbst. Während es die beiden Continuo-Cellisten in ihrer Begleitung vor musikalischem Miteinander kaum auf den Stühlen hielt, lebte im Chor die lyrische Fuge des ersten „Kyrie eleison“ eher von einer vorgefertigten Phrasierungsidee als von unmittelbarem musikantischen Zugriff. Dabei blieb es nicht. Und allemal wies der kühl-ätherische, klar fokussierte Gesamtklang des RIAS- Kammerchors neue Zugänge zur musikalischen Welt Bachs, wenn etwa das „Qui tollis“ sich erst im Verlauf überhaupt zur konkreten Klanggestalt formte, das „Cruzifixus“ im Hauch verlosch. Unter den Solisten ragte die Sopranistin Maria Cristina Kiehr mit berückend vollem und weichem Timbre hervor.

Das zweite Jubiläumskonzert mit Bach- Motteten findet am Tag der Deutschen Einheit in der Gethsemanekirche in Prenzlauer Berg statt. Matthias Nöther

Matthias Nöther

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