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Der Filmjournalist Volker Baer (1930-20016).

© Thilo Rückeis

Volker Baer ist tot: Gründlich, sachlich, filmisch

Über dreißig Jahre war Volker Baer Filmredakteur beim Tagesspiegel. Jetzt ist der gebürtige Nürnberger im Alter von 86 Jahren in Berlin gestorben.

Er war Nürnberger von Geburt, und die Grundierung seiner Stimme durch das sonor Fränkische hat sofort im Ohr, wer sich an Volker Baer erinnert. Ebenso schnell stellt sich dazu das Bild eines stets aufmerksamen Gesichts mit feinen Zügen ein, die Erscheinung eines durch und durch freundlich-verbindlichen Mannes, der sein Tagwerk mit unermüdlichem und zugleich unverwechselbar elegantem Einsatz verrichtete. Ein hartnäckiger Rechercheur war er und ein Vieltelefonierer. Und schon wieder ist sie im Gedächtnis da, die auf fein rollendem R dahinsingende Stimme.

Über dreißig Jahre (von 1960 bis 1992) war Volker Baer Filmredakteur des Tagesspiegels, und ein halbes Jahrhundert lang hat er engagiert über Film geschrieben – von den Anfängen als Volontär bei den „Nürnberger Nachrichten“, wo sein Vater als Feuilletonchef arbeitete, bis vor wenigen Jahren, überwiegend in der Fachzeitschrift „Filmdienst“, sehr gelegentlich auch noch im Tagesspiegel. Die Arbeit über Film wählte er, wie er einmal spöttisch bekannte, „ weil man da am leichtesten herankam, denn Film wurde als Kunstgattung nicht ganz ernst genommen“ – und er hat später leidenschaftlich umso mehr dafür getan, dass man das Genre ernst nahm, vor allem als Beobachter der Filmförderung und Filmpolitik.

7000 Artikel hat er in seinem Berufsleben verfasst

„Gründlich, sachlich, kritisch“ – das legendäre Motto des Tagesspiegels war ihm Arbeitsprinzip und Herzensangelegenheit zugleich. Und so gehörte er, neben Heinz Ohff, Günther Grack und unserer heute noch aktiven Mitarbeiterin Sybill Mahlke, zu jenem eingeschworenen Redakteursquartett, das über viele Jahre im alten West-Berlin das stets auf Seite 4 stehende Feuilleton prägte. Stattliche 7000 Artikel sind so in seinem Berufsleben zusammengekommen – und in schöner Fleißarbeit hat der Filmjournalist und heutige Vorstand der Defa-Stiftung, Ralf Schenk, vor einigen Jahren 115 davon in prägnanter Auswahl für ein Büchlein unter dem Titel „Worte/Widerworte“ zusammengetragen.

Volker Baers eigenstes Revier im Tagesspiegel war, von Anfang an, die ursprünglich „Filmspiegel“ genannte Filmseite mit Hintergrundartikeln und Festivalberichten, immer die allerletzte Seite im Konvolut des sonntäglichen Tagesspiegels. Als sie 1994, zwei Jahre nach seinem Ausscheiden, eingestellt wurde, rekapitulierte er in einem „Abschied von gestern“ überschriebenen Text seine Arbeit für dieses „Forum filmkultureller Auseinandersetzung“. Und schloss, statt zu trauern, mit der Erinnerung an das Lob eines „angesehenen Kollegen“, man spüre beim Lesen, die Herstellung der Seite habe „den Verantwortlichen Freude gemacht“. So soll es sein beim Zeitungmachen – und das sei hier, in seinem Sinne, bekräftigt, auch ohne rollendes R. Am 4. August ist Volker Baer, wie erst jetzt bekannt wurde, 86-jährig in Berlin gestorben.

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