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Unterwegs für ihr Land. Susana Baca wurde im Juli zur peruanischen Kulturministerin ernannt. Foto: Alin Matei/dpa

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Kultur: Volkes Stimme

Latin-Star und Ministerin: Susana Baca singt im Haus der Kulturen

Barfuß kommt Susana Baca auf die Bühne. Wiegt sich im imaginären Wind, streckt die nackten Arme, umweht von einem orangefarbenen Tuch. Sie lacht von einem Ohr zum anderen, schließt die Augen, badet im stürmischen Applaus. Doch die liebevolle Begrüßung im Haus der Kulturen der Welt gilt hier nicht allein einer Königin des lateinamerikanischen Folk, sondern auch der ersten schwarzen Ministerin Perus.

Der neue Präsident des Landes, der Linksnationalist Ollanta Humala, hat die 67-Jährige im Juli zur Kulturministerin ernannt. Sie war zunächst völlig geschockt, sie kommt aus einfachen Verhältnissen und hatte nie zur Elite des Landes gehört. Und ihre politische Erfahrung erschöpfte sich im Kampf für die Bewahrung der marginalisierten schwarzen Kultur Perus. Nun ist Baca die erste peruanische Musikerin mit Ministeramt und steht damit in der Tradition linker Regierungen des Kontinents, Künstler in ihre Reihen aufzunehmen. Man denke an den Schriftsteller Sergio Ramírez in Nicaragua oder den Bossa-Musiker Gilberto Gil in Brasilien.

Das Engagement endete freilich nicht immer glücklich, und auch die Baca steckt schon in Schwierigkeiten. Die Hälfte ihrer Amtszeit verbrachte sie bisher auf Tournee, um wie in Berlin ihr neues Album vorzustellen. Rücktrittsforderungen wurden laut, insbesondere weil aus der peruanischen Nationalbibliothek 2000 Bücher gestohlen worden sind, und die Unesco über Schäden am Machu Picchu klagt. Nichtsdestotrotz hat Susana Baca angekündigt, dass sie ihre Kunst nicht dem Kabinett unterordnen werde, außerdem sei sie vertraglich zu ihrer Tournee verpflichtet.

In Berlin spielt die Politik keine Rolle. Dafür die Poesie. Sie umarmt den peruanischen Schriftsteller Alonso Cueto („Die blaue Stunde“), der in der ersten Reihe sitzt. Die Nähe kommt nicht von ungefähr: Viele Texte von Baca basieren auf Gedichten oder sind wie Gedichte, erzählen vom Alltag der Unterprivilegierten. In Bacas bekanntestem Lied arbeitet „Maria Lando“, und arbeitet und arbeitet und arbeitet, und ihre Arbeit ist ihr fremd: „Für Maria gibt es keinen Morgen, für Maria gibt es keinen Mittag, für Maria gibt es keinen Mond, der sein rotes Glas übers Wasser hält.“

Und natürlich handelt diese Musik von der „Africanidad“, den afrikanischen Wurzeln Amerikas, Bacas Leitmotiv. Faszinierend ist dabei nicht nur, wie sie und ihre vierköpfige Band mit Perkussion, Bass, Gitarre und Violine schwerelose Übergänge zwischen der melancholisch-getragenen Musik des Andenraumes und den frecheren Rhythmen der Karibik hinkriegen. Sondern vor allem die samtige Stimme der Baca, die die Vokale wie Murmeln über die Konsonanten hinwegrollen lässt. Das muss man einmal gehört haben, wie das schnurrt, selbst wenn man es jetzt nicht versteht: „Que bonito tu vestido, todo fuera y nada adentro; todo fuera y nada adentro, que bonito, esta precioso.“ Hier brilliert die ausgereifte Stimme einer Sängerin, die erst relativ spät entdeckt wurde. Und wie so oft musste der Entdecker von außen kommen, um Susana Baca auch zu Hause Anerkennung zu verschaffen.

David Byrne von der US-Band Talking Heads nahm Mitte der neunziger Jahre einen Song von Baca in seine Kompilation „Soul of Black Peru“ auf. Anschließend produzierte und veröffentlichte er sechs ihrer Alben auf seinem Label Luaka Bop. Die Sängerin wuchs über ihre Rolle als Vertreterin des schwarzen Perus hinaus und wurde zu einer der ersten Interpretinnen traditioneller lateinamerikanischer Musik. 2002 gewann sie einen Grammy für das beste Folk-Album. Auf ihrer letzten CD „Afrodiaspora“ versammelt sie nun schwarze Musik zwischen Brasilien und New Orleans, interpretiert etwa Songs der großen Amparo Ochoa aus Mexiko oder der Kubanerin Celia Cruz. Und erweist sich wieder einmal als musikhistorische Sammlerin einer lange verachteten Kultur.

Bacas Familie stammt aus der Küstenregion Canete, in der auch heute noch schwarze Landarbeiter auf den Baumwollfeldern für Hungerlöhne arbeiten. Ihre Mutter brachte als Köchin drei Kinder in den reichen Häusern Limas durch. Es schmerzt Susana Baca, dass ihre Mutter nicht mehr erleben kann, was aus ihrer Tochter geworden ist. Trotz der Hautfarbe.

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