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Kay Voges ist Intendant des Schauspiel Dortmund.

© Thilo Rückeis

Volksbühnenintendanz: Toll hier, nichts wie weg!

Wie Kay Voges vom Schauspiel Dortmund sich als neuen Intendanten der Volksbühne ins Spiel bringt.

Der SC Freiburg ist Kult, nicht nur bei Fußballfans. Dafür sorgt auch der Trainer Christian Streich, der auf Interviewfragen manchmal „Ich sag nix“ antwortet, und auf Interview-Anfragen mit einem mürrischen: „Ich will nix mehr von mir lesen.“ Was aber, wenn der Trainer plötzlich weg will vom SC Freiburg, nicht obwohl, sondern gerade weil das so ein wunderbarer Verein ist? Wenn ihm mit einem Mal der Sinn nach Höherem steht, ja sogar nach dem Allerhöchsten? Und wenn er dann nicht mehr „Ich sag nix“ sagt, sondern: „Uli Hoeneß kann mich anrufen.“

Geht es nach Kay Voges, muss man mit dem Schlimmsten rechnen. Kay Voges ist zwar bloß Intendant des Schauspiels Dortmund, das aber, findet Voges, „ein bisschen wie der SC Freiburg aufgestellt“ ist. Echt wahr? Da würden wir jetzt gern Christian Streich fragen, aber der sagt ja nix, also weiter mit Kay Voges. Beim Dortmunder Schauspiel, behauptet der, sei alles toll, das Ensemble, die künstlerische Arbeit und auch das Publikum: „Wir werden wahrgenommen und gewollt.“ Klar, dass man da nie mehr weg mag, oder? „Klar“, sagt Voges, „dass man da einen größeren Verein trainieren will.“ Und er hat auch was im Auge. Sucht Berlins Kultursenator Klaus Lederer nicht einen Chef für die Volksbühne? Kein Problem. „Lederer“, sagt Voges, „kann mich anrufen.“

Gut, davor gäbe es noch ein paar winzige Formalitäten zu klären. Die Jury des Theatertreffens, warum auch immer, hatte eine Produktion des Dortmunder Schauspiels („Das Internat“) zum jüngsten Theatertreffen eingeladen. Die konnte aber dort nicht gezeigt werden. Die Dekoration war in Kisten eingemottet, auch weil das Stück, ein rechtes Horrorspektakel, in Dortmund nach nur vier Monaten vom Spielplan abgesetzt werden musste, mangels Zuschauerinteresse. Von wegen „wir werden gewollt“. Guckt man die Zahlen genauer an, so läuft das Publikum dem Dortmunder Schauspiel seit einiger Zeit in Scharen davon. Was aber Voges’ Hausregisseur Ersan Mondtag wenig ausmacht: „Wo kommen wir hin, wenn wir Inszenierungen absetzen, weil die Zuschauerzahlen niedrig sind? Wenn man Auslastung haben will, setzt man Justin Bieber auf den Spielplan oder lädt Helene Fischer in die Volksbühne.“

Stattdessen führen sie im Dortmunder Theater gern selbst erfundene Computerspiele auf. Das muss sein, findet Voges: „Die Digitalisierung verändert die Gesellschaft. Diesen Transformationsprozess müssen wir im Theater aktiv mitgestalten und erforschen.“ Was sie halt so daherreden, wenn sie ihre Subventionen zu rechtfertigen versuchen.

In Freiburg hat mal jemand den Trainer Streich vor der Sommerpause gefragt, wo er denn demnächst zu finden sei. „Irgendwo“, hat Streich geantwortet. „Irgendwo, wo ich Sie dann hoffentlich nicht treffe.“ Also, daran kann sich Kay Voges von uns aus gern ein Beispiel nehmen.

Rainer Stephan

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