zum Hauptinhalt

Kultur: Vom Weltleid erzählen

Der Orkan ist ein hell erleuchtetes Loch in der Mitte des Bühnenbodens.Am Rand sitzen zwei Menschen, die sich gegenseitig zu Liebesgeständnissen drängen.

Der Orkan ist ein hell erleuchtetes Loch in der Mitte des Bühnenbodens.Am Rand sitzen zwei Menschen, die sich gegenseitig zu Liebesgeständnissen drängen.Ein dritter nuckelt verzweifelt an einer leeren Bierflasche."Der Orkan" von Ilija Tschlaki handelt von Weltleid: von Geld, Arbeitslosigkeit und Prostitution.Und natürlich von der Liebe beziehungsweise Nichtliebe, verpackt in einer Dreiecksbeziehung: Zwei Männer zwischen einer Frau.

Drei Scheinwerfer links, zwei Scheinwerfer rechts.Ein Vorhang, eine Bühne, drei Schauspieler in Kostüm und Maske.Alles komplett.Trotzdem ist das, was im Theaterdock in der Kulturfabrik gezeigt wird, keine Inszenierung.Vielmehr herrscht so etwas wie Probenatmosphäre.Eine Art szenische Lesung aus der Reihe "Meiers schöner Fleischsalon".Nun gibt es zum dreijährigen Bestehen dieser Veranstaltung eine Spezialserie "Familie Meier goes East" mit Texten zeitgenössischer osteuropäischer Dramatiker.Jeden Mittwoch im Monat soll in einer Werkeinrichtung ein neuer Autor vorgestellt werden.Diesmal also Tschlaki; weitere Werke von dem Russen Alexej Slapovskij, dem Polen Radoslaw Figura und aus Ungarn sollen folgen.Zwei Tage hätten sie nur geprobt, erzählt die Regisseurin Eva-Karen Tittmann, und dafür ist das Gezeigte erstaunlich gut.

Der Mann im beigen Trenchcoat spricht seine Wünsche in eine durchsichtige Plexiglasröhre, aus der immer wieder Äpfel kullern.Galina, die Frau im türkisfarbenen Minikleid und Trachtenjäckchen, von Julia Giesecke gespielt, wehrt sich gegen die Anmache ihres Zuhälters Antoscha.Zu sehen ist davon nichts; das Pärchen hat sich unter einer schlammgrünen Tarndecke verkrochen.

Russische Volksmusik setzt ein.Es folgen drei Monologe an der Rampe, Dialoge aus dem Lautsprecher, dazwischen immer wieder Stille.Die Schauspieler schielen auf ihre Blätter, lesen ab.Klar, daß sie nicht alles auswendig können, aber vielleicht wäre mehr Textarbeit nötig gewesen.Dann hätte die Idee, Stücke szenisch anzureißen und eine Art öffentliche Probe zu veranstalten, wohl besser funktioniert.Aber vielleicht hat der Orkan auch alles durcheinandergewirbelt?

CHRISTINA BERR

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false