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Kultur: Von der Magie des Kniehebels Kristian Bezuidenhouts Berliner Mozart-Abend

Auch wer die Nummern von Mozarts Werkverzeichnis nicht auswendig herbeten kann, kennt doch dieses Stück: Die „kleine klavier-Sonate für anfänger“ in C-Dur, von Abertausenden von Schülern in die Tasten gehämmert. Und darum geht denn auch eine kleine Welle des amüsierten Wiedererkennens durch den Saal, als Kristian Bezuidenhout die ersten Takte von KV 545 intoniert.

Auch wer die Nummern von Mozarts Werkverzeichnis nicht auswendig herbeten kann, kennt doch dieses Stück: Die „kleine klavier-Sonate für anfänger“ in C-Dur, von Abertausenden von Schülern in die Tasten gehämmert. Und darum geht denn auch eine kleine Welle des amüsierten Wiedererkennens durch den Saal, als Kristian Bezuidenhout die ersten Takte von KV 545 intoniert. Doch der Fortepianovirtuose, der gerade an einer Gesamtaufnahme des Mozart'schen Klavierwerks arbeitet, weiß, dass bei diesem Komponisten keine wirklichen Petitessen vorkommen. Am Ende des Stücks gibt es dann im Kleinen Saal des Konzerthauses auch das erste Bravo – und bei manchem Zuhörer die bittere Erkenntnis, selbst diesem unschuldigen Werk niemals auch nur annähernd gerecht werden zu können.

Ja, wenn es nur am Flügel läge! Zwar ist schon allein das um 1800 gebaute Instrument von Michael Rosenberger, auf dem Bezuidenhout spielt, ein Erlebnis. Rosenberger, der Mozart wahrscheinlich noch persönlich kannte, orientierte sich am Vorbild von dessen bevorzugtem Klavierbauer Anton Walter – wobei er Walter bei diesem Instrument an Reichtum und Harmonie der Klangfarben noch übertroffen zu haben scheint.

Es gibt aber derzeit wohl keinen Pianisten, der diesen Reichtum so überwältigend offenzulegen vermag wie Bezuidenhout: Selbst vermeintlich schnöde leiernde Albertibässe werden unter seinen Händen zu duftenden Gitarrenakkorden oder – mithilfe des virtuos eingesetzten Moderatorkniehebels, der eine geisterhafte Dämpfung durch einen Tuchstreifen bewirkt – zu vorromantischem Bachrauschen. Rechte und linke Hand scheinen sich gegenseitig zuzuhören und zu kommentieren, wenn Bezuidenhout mit den klar unterschiedenen Registerfarben spielt. Und seine intelligente, ungezwungen sprechende und doch im Gesamtzusammenhang immer poetisch fließende Phrasierung lässt selbst schlichte Rondothemen nicht bloß kindlich erscheinen.

Wenn dann auf diese Vollkommenheit im Schlichten die großen Sonaten KV 310, 332 und 311 folgen, kann man sich wie Mozarts zeitgenössische Fans auf ein Mal nicht mehr vorstellen, wie man nach solch einer Musik noch komplexer, noch vielgestaltiger und emotionaler komponieren könnte. Carsten Niemann

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