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Kultur: Von wegen Frauenpower - Drei Filme von Johnnie To

Es hat sich einiges geändert in der beliebten Mitternachts-Reihe des Forums: Was früher Hongkong war, ist jetzt China, John Woo ist in Hollywood, Stanley Kwan läuft im Wettbewerb, Tsui Hark produziert mittelmäßige Filme. Und Wong Kar-Wai hat das wilde Hongkong-Kino mit Kamera-KunstExzessen verschwägert.

Es hat sich einiges geändert in der beliebten Mitternachts-Reihe des Forums: Was früher Hongkong war, ist jetzt China, John Woo ist in Hollywood, Stanley Kwan läuft im Wettbewerb, Tsui Hark produziert mittelmäßige Filme. Und Wong Kar-Wai hat das wilde Hongkong-Kino mit Kamera-KunstExzessen verschwägert.

Hoffnungsträger gibt es trotzdem noch. Etwa Johnny To, dessen "The Heroic Trio" 1994 auf dem Rotterdamer Festival zu sehen war: ein Film, der mit Michelle Yeoh, Anita Mui und Maggie Cheung Hongkongs größte weibliche Stars hochhackig und schwarzgewandet in einer verwegenen Action-Story zusammenbringt. Regisseur Johnny To ist etwa zeitgleich wie Tsui Hark ebenfalls über das Fernsehen zur Filmregie gekommen. Im Unterschied zu den Regisseuren der sogenannten Neuen Welle ging er durch die harte Schule täglicher Serienproduktion, wo Sachzwänge fast alles, künstlerische Freiheit nichts sind. Ende der Achtziger Jahre verließ To das Fernsehen, löste sich vom Studiosystem und gründete 1995 seine eigene Produktionsfirma Milkway.

Ein Routinier. Und einer, der sich bewusst vom Lego-System der Hongkong-Filmfabrik absetzt. Typisch also, dass die drei Filme Tos, die dieses Jahr im Mitternachtsprogramm zu sehen sind, allesamt im letzten Jahr realisiert wurden. Alle drei sind Genrefilme, die den Gangsterfilm variieren, in dem sie ihn in eine psychologisierende Richtung biegen. Während To in dem Triadenfilm "The Mission" versucht, stilistisch an Kurosawa anzuknüpfen, ist "Running Out Of Time", eher in handwerksüblichem Tempo erzählt. Beide Filme erzählen von Rache, Pflicht und Männerfreundschaft, Dinge, die durch Psychologisieren nicht unbedingt gewinnen. Ins Nachdenken über den Zusammenhang von künstlerischem Ausdruck, Männlichkeit und patriarchalem Kino kommt man bei Tos letztem Film "Where a good man goes", der seine Gangster-goesKnast-Geschichte in einem braven Happy-End auflöst. Dabei werden im Erziehungsprozess des Mannes durch die opferbereite Mutter die schlimmsten Weiblichkeitsklischees versammelt: "Wo ich bin, hast du ein Zuhause".

"The Heroic Trio" war eine hingerotzte Auftragsproduktion, dessen - angebliche - Frauenpower ungewollt zustande gekommen war. Dem Studio fehlten die männlichen Schauspieler. So bedingt die Produktion auch das Kinobewusstsein. Aber auktoriale Selbstverwirklichung, wenn sie im patriarchalem Gewand daherkommt, muss nicht für alle befreiend sein. To möchte sich verständlicherweise von Abhängigkeiten befreien; nur das Ergebnis sieht leider abgeschmackt aus. Oder hat die Biederkeit dieser Geschichten zwei Jahre nach der Übergabe auch etwas mit der Schere im Kopf zu tun? SILVIA HALLENSLEBEN

Delphi morgen 24 Uhr, Sonntag 0.30 Uhr, Montag 0.15 Uhr

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